„Lockdown light“reicht vielen nicht
Bundesregierung zieht heute Zwischenbilanz. Österreich verschärft Corona-Abschottung
Zwei Wochen „Lockdown light“– und die Infiziertenzahl sinkt nicht. Gestern wurden bundesweit 16947 neue Corona-Infektionen gemeldet, 940 mehr als eine Woche zuvor. „Trotz aller Anstrengungen ist eine Wende zum Besseren noch nicht erreicht“, bilanziert Wirtschaftsminister Peter Altmaier. Die Debatte um eine Verschärfung der Beschränkungen ebbt nicht ab.
Einen „Jo-Jo-Shutdown“mit ständigem Öffnen und Schließen der Wirtschaft könne sich Deutschland nicht leisten, so Peter Altmaier in „Bild am Sonntag“. „Zur Zwischenbilanz gehört auch, dass die Infektionszahlen nach wie vor viel zu hoch sind. Sehr viel höher sogar als vor zwei Wochen“, so der Merkel-Vertraute. Für das Öffnen von Restaurants und Kinos gebe es keinen Spielraum. Nicht nur er rechnet damit, dass sich die Deutschen noch weit über den Dezember hinaus einschränken müssen. „Zumindest in den nächsten vier bis fünf Monaten.“
Sachsens Regierungschef Michael Kretschmer (CDU) sieht ebenfalls keine Chance für eine Öffnung. „Aus meiner Sicht gibt es für Lockerungen aufgrund der hohen Infektionszahlen keine Grundlage“, sagte er der Zeitung. „Wir sollten uns deshalb in sieben Tagen noch einmal treffen, um über die Entwicklung zu sprechen. Eingriffe in die Grundrechte der Menschen müssen sehr genau erklärt und begründet werden.“
Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder warnt vor einem Nachlassen der Einschränkungen: „Wer zu früh lockert, der riskiert Weihnachten“, sagte er der „Bild am Sonntag“. Auch der CSU-Politiker sprach sich für eine Verlängerung oder Verschärfung der Maßnahmen aus: „Wir müssen überlegen, ob die bisherigen Maßnahmen ausreichen.“
Heute wollen die Kanzlerin und die Ministerpräsidenten per Videoschalte eine Zwischenbilanz des Teil-Lockdowns ziehen. Derzeit haben unter anderem Restaurants geschlossen, Hotels dürfen keine Urlauber aufnehmen, auch Kultur- und Freizeiteinrichtungen mussten schließen. Am Freitag sagte der Sprecher der Bundesregierung, Steffen Seibert, dass „bei diesem Stand der Dinge für Montag jedenfalls keine Lockerungen von Einschränkungen zu erwarten sind“.
Seit dem 2. November gelten härtere Einschränkungen zur Bekämpfung der Pandemie. Sie sollen nach bisheriger Planung bis Ende des Monats gelten. Ein Erfolg dieser Maßnahmen ist
bislang nicht absehbar: Das Robert-Koch-Institut (RKI) meldete gestern fast 17 000 Neuinfektionen binnen einem Tag. Am Freitag waren rund 23500 gemeldet worden, am Samstag noch über 22 000. An Sonntagen sind die erfassten Fallzahlen meist niedriger, weil weniger getestet wird.
Wegen der drohenden Überlastung des Gesundheitssystems geht Österreich morgen für knapp drei Wochen in einen harten Lockdown: Die meisten Geschäfte und Schulen schließen, das Verlassen des privaten Wohnraums ist nur aus triftigen Gründen – Arbeit, Hilfe für Bedürftige – erlaubt.