Hamburger Morgenpost

Ursula Britsche (78) ist Hamburgs zähester Engel

Zupackende Altenpfleg­erin denkt lange nicht ans Aufhören

- SANDRA SCHÄFER sandra.schaefer@mopo.de

Die Lage in Hamburgs Pflegeheim­en ist derzeit anstrengen­d und belastend. Mittlerwei­le gibt es in 20 Einrichtun­gen mit Corona infizierte Pflegekräf­te und Bewohner. Nötige Hygiene-Auflagen kosten viel Zeit, doch es gibt zu wenig Pflegekräf­te. Da machen zupackende, positiv denkende Menschen wie Ursula Britsche Mut. Die Hamburgeri­n ist 78 Jahre alt und arbeitet immer noch begeistert als Pflegekraf­t! Ans Aufhören denkt sie nicht – trotz Corona. Jeder wünscht sich, bis ins hohe Alter ohne fremde Hilfe auszukomme­n. Aber das ist vielen nicht vergönnt. Ursula Britsche hat das Glück, noch topfit zu sein. Sie betreut bei der Hartwig-Hesse-Stiftung Menschen, die teils jünger sind als sie selbst und bereits Hilfe brauchen. Dabei kümmert sie sich genau wie ihre teils 50 Jahre jüngeren Kollegen um alles, was in der Altenpfleg­e ansteht. Für sie gibt es keine Sonderrege­lung, weil sie selbst älter ist. Mit einer Ausnahme: Sie ist nur noch 25 Stunden pro Woche im Einsatz.

„Die Arbeit mit den Menschen, die ich pflege, freut meine Seele“, sagt die zierliche Frau von sich selbst. „Und diese Herausford­erung hält mich zudem jung und fit.“Sie hat ein klares Ziel vor Augen: Weiterarbe­iten bis zum 80. Geburtstag.

Eigentlich hatte Ursula Britsche schon 2008 das Rentenalte­r erreicht. Doch si e wo llte partout nicht aufhören. „Der Gedanke an ein tatenloses Herumsitze­n ohne Aufgabe und Verantwort­ung hat mich sehr erschreckt damals“, erinnert sie sich.

Maik Greb, Geschäftsf­ührer der Hartwig-Hesse-Stiftung, sah auch eine Fürsorgepf­licht ihr gegenüber und wollte Britsche nur zehn Stunden weiterbesc­häftigen, damit sie sich nicht überforder­te. Doch die resolute Frau gab nicht klein bei und beharrte auf einer 25-StundenWoc­he.

Das Thema Fachkräfte­mangel hat die Pflegerin in ihrer langen Berufszeit immer wieder erlebt. Auch in den 60ern, als sie ihre Ausbildung zur Krankensch­wester am Krankenhau­s startete. „Ich wollte kein Schreibtis­chtäter wie meine Mutter werden, die in der Schulbehör­de arbeitete“, erinnert sie sich. „Außerdem war es mir schon früh ein Bedürfnis, mit Menschen zu arbeiten und zu helfen.“

Doch Britsche war nicht immer Pflegerin. Als sie ihren Mann kennenlern­te, wechselte sie das Metier und machte mit ihm eine Kfz-Werkstatt plus Kfz-Handel auf. Leider starb ihr Jürgen viel zu früh, sie trennte sich vom Geschäft und landete bei der Suche nach einer neuen Aufgabe wieder in der Pflege. Bei der Hartwig-Hesse-Stiftung arbeitet sie nun schon seit mehr als 20 Jahren in verschiede­nen Häusern und Abteilunge­n. Für ihren Arbeitgebe­r zeigten sich schnell große Vorteile ihres Alters. Denn von ihr fühlen sich viele Betreute besser verstanden. Und Geschäftsf­ührer Maik Greb hat noch etwas festgestel­lt: „Pflichtbew­usstsein und Erfahrungs­schatz sind bei den älteren Pflegekräf­ten oftmals größer als bei den Jungen.“

Die Arbeit mit den Menschen, die ich pflege, freut meine Seele.

Ursula Britsche

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Ursula Britsche ist schon 78 Jahre alt und arbeitet noch immer als Pflegekraf­t.
 ??  ?? Ursula Britsche mit weißer Schürze und Schwestern­haube Ende der 50er Jahre
Ursula Britsche mit weißer Schürze und Schwestern­haube Ende der 50er Jahre
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