St. Pauli macht es sich selbst
TRIKOT Der Kiezklub wird sein eigener Ausrüster – schlechte Verkäufe wegen Under Armour
Der Kiezklub will es mal wieder anders machen, dabei auch noch besser – und deshalb lieber selbst. Zwei Tage nach Bekanntgabe der Trennung von Under Armour hat der FC St. Pauli einen neuen Ausrüster präsentiert: den FC St. Pauli! Der Verein wird seine Spielkleidung künftig in Eigenregie produzieren. Der Zweitligist will das nachhaltigste Trikot der Welt herstellen und endlich wieder in einem Shirt kicken, mit dem sich die Fans identifizieren, das sie mögen – und anders als zuletzt auch wieder kaufen.
Nicht Adidas, nicht Nike, nicht Puma, Umbro oder Kappa: Der künftige Ausrüster des FC St. Pauli heißt „DIIY“und ist die neue Eigenmarke des Vereins. DIIY steht für Do It, Improve Yourself. Sinngemäß übersetzt heißt das: Mach es selbst, mach dich besser.
Am Sonntag präsentierte der Kiezklub diesen spektakulären Plan seinen Mitgliedern bei einem virtuellen Meeting.
„Mit diesem Schritt gehen wir konsequent den Weg der Unabhängigkeit weiter“, sagt Präsident Oke Göttlich. „Wir bauen uns unseren FC St. Pauli, wie wir ihn uns vorstellen, ein bisschen besser. Wir bauen uns unsere Welt.“
Nach dieser Saison endet die dann fünf Jahre dauernde Zusammenarbeit mit Under Armour. Das umstrittene und bei vielen Fans unbeliebte US-Unternehmen hat dem Vernehmen nach jährlich rund eine Million Euro gezahlt.
Die Idee, selbst zum Ausrüster zu werden und dabei vor allem auch auf Nachhaltigkeit zu setzen, gab es nach Vereinsangaben schon seit 2016, konkretere Ideen seit
2018 und einen Plan seit Juni 2019.
Mit mangelnden Angeboten anderer Ausrüster für die Nachfolge von Under Armour habe die Entscheidung des Vereins, die Sache selbst in die Hand zu nehmen, nichts zu tun, versichert Göttlich. „Wir hätten mit vielen anderen Anbietern abschließen können.“
St. Pauli wolle in der Corona-Krise „energisch und mutig handeln“, betont der Präsident. „Wir sind überzeugt, dass es unternehmerisch sinnvoll ist und langfristig erfolgreicher sein wird als mit anderen Partnern.“
„Wir wollen nicht weniger als die nachhaltigste Teamsport-Kollektion der Welt herstellen“, sagt Bernd von Geldern, Geschäftsleiter Vertrieb beim FC St. Pauli.
Schon am 1. Dezember wird das eigene Heim-Trikot online präsentiert und geht pünktlich zum Weihnachtsgeschäft mit einer speziellen Edition in den Vorverkauf.
Die Auslieferung startet aus produktionstechnischen
Gründen im Mai 2021. Mit 69,95 Euro wird das eigene Trikot fünf Euro günstiger sein als das aktuelle Hemd von Under Armour. Seine Pflichtspiel-Premiere soll es am 16. Mai feiern, im letzten Heimspiel dieser Saison gegen Hannover 96.
Neben dem Trikot (wie üblich ein Heim-, Auswärtsund Pokal-Shirt) wird St. Pauli auch Hose, Stutzen, Trainingskleidung, Jacken und weitere Textilien produzieren. Die komplette Kollektion wird nach Vereinsangaben rund 60 Teile umfassen. Darüber hinaus soll auch eine neutrale Linie in den Verkauf, die andere Vereine bei St. Pauli als Spielkleidung erwerben können. Eine neue Einnahmequelle.
Produziert wird das Trikot in der Türkei, bei einem langjährigen Partner, der das St. Pauli-Merchandising herstellt. „Mit der Produktionsstätte in der Türkei arbeiten wir seit Jahren zusammen. Da ist Know-how vorhanden“, erklärt von Geldern.
Die Verantwortlichen des Vereins sind sich bewusst, dass der Standort kritisch gesehen werden könnte. „Wir haben natürlich auch das politische Szenario bedacht“, so von Geldern. „Wir kennen die Leute, wir wissen, wo sie stehen und wir wollen sie unterstützen.“
St. Pauli hofft, mit der hauseigenen Spielkleidung die in den letzten Jahren unterdurchschnittlichen TrikotVerkäufe ankurbeln zu können. Diesbezüglich war Under Armour ein Hindernis.
Viele Fans lehnen das Trikot mit dem UA-Logo ab. Das schlägt sich seit Jahren in den Verkaufszahlen nieder, wie der Verein erstmals öffentlich einräumt.
„Wir hoffen, mehr Trikots zu verkaufen”, sagt von Geldern. „Wir sind ein eher mäßiger Trikotverkäufer in der Zweiten Liga und wollen in die Spitzengruppe.“Die Bezeichnung mäßig ist nach MOPO-Informationen noch diplomatisch ausgedrückt.
Die für einen populären Klub wie St. Pauli schlechten Trikotverkäufe sind einer der Hauptgründe, warum der Verein ein derart großes Potenzial sieht, die Sache selbst in die Hand zu nehmen.