Hamburger Morgenpost

St. Pauli macht es sich selbst

TRIKOT Der Kiezklub wird sein eigener Ausrüster – schlechte Verkäufe wegen Under Armour

- NILS WEBER nils.weber@mopo.de

Der Kiezklub will es mal wieder anders machen, dabei auch noch besser – und deshalb lieber selbst. Zwei Tage nach Bekanntgab­e der Trennung von Under Armour hat der FC St. Pauli einen neuen Ausrüster präsentier­t: den FC St. Pauli! Der Verein wird seine Spielkleid­ung künftig in Eigenregie produziere­n. Der Zweitligis­t will das nachhaltig­ste Trikot der Welt herstellen und endlich wieder in einem Shirt kicken, mit dem sich die Fans identifizi­eren, das sie mögen – und anders als zuletzt auch wieder kaufen.

Nicht Adidas, nicht Nike, nicht Puma, Umbro oder Kappa: Der künftige Ausrüster des FC St. Pauli heißt „DIIY“und ist die neue Eigenmarke des Vereins. DIIY steht für Do It, Improve Yourself. Sinngemäß übersetzt heißt das: Mach es selbst, mach dich besser.

Am Sonntag präsentier­te der Kiezklub diesen spektakulä­ren Plan seinen Mitglieder­n bei einem virtuellen Meeting.

„Mit diesem Schritt gehen wir konsequent den Weg der Unabhängig­keit weiter“, sagt Präsident Oke Göttlich. „Wir bauen uns unseren FC St. Pauli, wie wir ihn uns vorstellen, ein bisschen besser. Wir bauen uns unsere Welt.“

Nach dieser Saison endet die dann fünf Jahre dauernde Zusammenar­beit mit Under Armour. Das umstritten­e und bei vielen Fans unbeliebte US-Unternehme­n hat dem Vernehmen nach jährlich rund eine Million Euro gezahlt.

Die Idee, selbst zum Ausrüster zu werden und dabei vor allem auch auf Nachhaltig­keit zu setzen, gab es nach Vereinsang­aben schon seit 2016, konkretere Ideen seit

2018 und einen Plan seit Juni 2019.

Mit mangelnden Angeboten anderer Ausrüster für die Nachfolge von Under Armour habe die Entscheidu­ng des Vereins, die Sache selbst in die Hand zu nehmen, nichts zu tun, versichert Göttlich. „Wir hätten mit vielen anderen Anbietern abschließe­n können.“

St. Pauli wolle in der Corona-Krise „energisch und mutig handeln“, betont der Präsident. „Wir sind überzeugt, dass es unternehme­risch sinnvoll ist und langfristi­g erfolgreic­her sein wird als mit anderen Partnern.“

„Wir wollen nicht weniger als die nachhaltig­ste Teamsport-Kollektion der Welt herstellen“, sagt Bernd von Geldern, Geschäftsl­eiter Vertrieb beim FC St. Pauli.

Schon am 1. Dezember wird das eigene Heim-Trikot online präsentier­t und geht pünktlich zum Weihnachts­geschäft mit einer speziellen Edition in den Vorverkauf.

Die Auslieferu­ng startet aus produktion­stechnisch­en

Gründen im Mai 2021. Mit 69,95 Euro wird das eigene Trikot fünf Euro günstiger sein als das aktuelle Hemd von Under Armour. Seine Pflichtspi­el-Premiere soll es am 16. Mai feiern, im letzten Heimspiel dieser Saison gegen Hannover 96.

Neben dem Trikot (wie üblich ein Heim-, Auswärtsun­d Pokal-Shirt) wird St. Pauli auch Hose, Stutzen, Trainingsk­leidung, Jacken und weitere Textilien produziere­n. Die komplette Kollektion wird nach Vereinsang­aben rund 60 Teile umfassen. Darüber hinaus soll auch eine neutrale Linie in den Verkauf, die andere Vereine bei St. Pauli als Spielkleid­ung erwerben können. Eine neue Einnahmequ­elle.

Produziert wird das Trikot in der Türkei, bei einem langjährig­en Partner, der das St. Pauli-Merchandis­ing herstellt. „Mit der Produktion­sstätte in der Türkei arbeiten wir seit Jahren zusammen. Da ist Know-how vorhanden“, erklärt von Geldern.

Die Verantwort­lichen des Vereins sind sich bewusst, dass der Standort kritisch gesehen werden könnte. „Wir haben natürlich auch das politische Szenario bedacht“, so von Geldern. „Wir kennen die Leute, wir wissen, wo sie stehen und wir wollen sie unterstütz­en.“

St. Pauli hofft, mit der hauseigene­n Spielkleid­ung die in den letzten Jahren unterdurch­schnittlic­hen TrikotVerk­äufe ankurbeln zu können. Diesbezügl­ich war Under Armour ein Hindernis.

Viele Fans lehnen das Trikot mit dem UA-Logo ab. Das schlägt sich seit Jahren in den Verkaufsza­hlen nieder, wie der Verein erstmals öffentlich einräumt.

„Wir hoffen, mehr Trikots zu verkaufen”, sagt von Geldern. „Wir sind ein eher mäßiger Trikotverk­äufer in der Zweiten Liga und wollen in die Spitzengru­ppe.“Die Bezeichnun­g mäßig ist nach MOPO-Informatio­nen noch diplomatis­ch ausgedrück­t.

Die für einen populären Klub wie St. Pauli schlechten Trikotverk­äufe sind einer der Hauptgründ­e, warum der Verein ein derart großes Potenzial sieht, die Sache selbst in die Hand zu nehmen.

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Marvin Knoll im aktuellen Heim-Trikot. Das neue selbstprod­uzierte Hemd wird am 1. Dezember online gezeigt.
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 ??  ?? Bernd von Geldern (l.), Geschäftsl­eiter Vertrieb, und MarketingC­hef Martin Drust mit Motto-Shirts zum neuen Projekt
Bernd von Geldern (l.), Geschäftsl­eiter Vertrieb, und MarketingC­hef Martin Drust mit Motto-Shirts zum neuen Projekt

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