Die Schmach von Sevilla
Nach der 0:6-Klatsche in Spanien wird die Luft für Bundestrainer Löw dünn
Viele Fußballfans in Deutschland hatten bislang wenig Interesse an der Nations League, weil sie sie als überflüssigen Wettbewerb in einem übervollen Terminkalender wahrnahmen. Die Nationalmannschaft reihte sich nun in diesen Kreis ein: Durch das 0:6-Debakel in Spanien ersparte sich die DFB-Elf wenigstens zwei Endrunden-Spiele im nächsten Herbst.
Ganz im Ernst: Manuel Neuer, der mit seinem 96. Länderspiel in Sevilla zum deutschen Rekord-Torhüter aufstieg, konnte einem leid tun. Vom Anpfiff weg wirkte die deutsche Elf lethargisch und lief den unerfahrenen, aber forschen Spaniern die meiste Zeit nur hinterher.
Oder stand planlos herum, wie bei spanischen Ecken. Alvaro Morata (17.) köpfte am langen Pfosten zum 1:0 ein, der einzige Deutsche in seiner Nähe war ausgerechnet Stürmer Serge Gnabry. Matthias Ginter ließ Koke laufen, der Kopfball von
Dani Olmo ging noch an die Latte, doch niemand störte Ferran Torres (33.) beim Abstauben zum 2:0.
Rodrigo (37.) köpfte dann gleich zum 3:0 ein, ohne dabei von der deutschen Abwehr belästigt zu werden. Als Andreas Ekberg zur Pause pfiff, hatte die DFB-Elf einen einzigen Torschuss verbucht, die Spanier gleich 14. Ein Armutszeugnis!
Neuer verhinderte gegen Sergio Ramos (6.), Torres (30.) und Olmo (47.) zunächst noch Schlimmeres.
Beim erschreckend einfachen Kontertor zum 4:0 durch Torres (55.) war auch er machtlos. Torres (71.) machte mit dem 5:0 dann in aller Ruhe seinen Hattrick perfekt, ehe Mikel Oyarzabal (89.) zum Endstand traf.
0:6! So hoch hat eine DFBElf zuletzt 1931 verloren, in Berlin gegen Österreich. Da war Uwe Seeler noch nicht geboren. Für den Neuaufbau nach der verpatzten WM 2018 war dieser Auftritt eine Katastrophe, das genaue Gegenteil des von DFB-Direktor
Oliver Bierhoff geforderten Stimmungsumschwungs. Nach der Schmach von Sevilla steht mehr denn je zur Diskussion, ob Joachim Löw über die EM 2021 hinaus der geeignete Bundestrainer ist.