Hamburg obduziert nicht mehr alle CoronaToten
Einzig in der Hansestadt wurden alle Verstorbenen untersucht
In der ersten Welle der Pandemie ließ Hamburg als einziges Bundesland alle Toten, bei denen das Virus nachgewiesen war, am Institut für Rechtsmedizin des UKE obduzieren – auch gegen die damaligen Bedenken des RobertKoch-Instituts (RKI). Ziel: herausfinden, ob tatsächlich Corona den Tod verursacht hat. Von dieser aufwendigen Praxis nimmt man nun Abstand.
Weiterhin wird bei einer nachgewiesenen CoronaInfektion nach der genauen Todesursache gesucht, allerdings wird nicht mehr jeder Leichnam einer aufwendigen Obduktion unterzogen.
„Die Überprüfung der Todesursache erfolgt in einem Vierstufenkonzept“, heißt es dazu aus dem UKE. Eine wichtige Rolle spielen dabei die Hinterbliebenen, die eine Obduktion sowohl einfordern als auch verbieten können.
Es gibt die Möglichkeit, die Todesursache nach Aktenlage zu untersuchen, etwa mithilfe von Krankenunterlagen und des Totenscheins. Der Leichnam kann außerdem durch Computertomografie untersucht werden, durch die Entnahme von Gewebeproben oder mithilfe einer Obduktion. Sowohl für die Entnahme von Gewebe als auch für die Obduktion ist das Einverständnis der Angehörigen erforderlich. „Erfolgt hierzu keine Zustimmung, können die Sterbefälle anhand einer postmortalen Computertomografie überprüft werden“, so eine UKE-Sprecherin zur MOPO: „Bei Sterbefällen in Krankenhäusern werden weiterhin die Krankenunterlagen und Arztbriefe zur Überprüfung herangezogen.“
In wie vielen Fällen noch eine „große“Obduktion erfolgt, konnte die Sprecherin nicht beantworten.
Durch die nachträgliche Untersuchung der Todesursache „hinkt“die offizielle Zahl der Corona-Toten in Hamburg hinter denen des RKI hinterher. So
zählt das RKI am 10. Dezember 2020 für Hamburg insgesamt 443 Todesfälle, acht davon verstarben am Vortag. Die vom Hamburger Senat bekannt gegebene Zahl liegt bei 382 (Stand: 8. Dezember).
Die Massen-Untersuchungen durch den damaligen Institutsleiter Professor Klaus Püschel in der ersten Welle der CoronaPandemie haben Erkenntnisse gebracht, die für die Behandlung von Covid19-Patienten von hoher Bedeutung waren.
So wies das Team um Püschel etwa eine Häufung von Thrombosen und Embolien nach sowie charakteristische Gewebsveränderungen in der Lunge. Daraufhin ist die Behandlung von Covid-19-Patienten mit blutverdünnenden Mitteln entsprechend angepasst worden.
Rechtsmediziner Klaus Püschel untersuchte am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) allein im März und April mehr als 100 Corona-Verstorbene.
„Die Untersuchungen während der zweiten Welle der Corona-Pandemie werden Aufschluss darüber geben, beispielsweise wie sich die Anpassung der medikamentösen Therapie im Krankenhaus auf den Krankheitsverlauf ausgewirkt hat“, so die UKESprecherin zur MOPO.