Hamburger Morgenpost

Gestatten: Die neue Miss Hamburg!

Anders als ihre Vorgängeri­nnen – aus gutem Grund:

- Von NICOLA DAUMANN

Jahrelang haben sich Frauen mit Modelmaßen bei dem Schönheits­wettbewerb „Miss Germany“in Bikinis präsentier­t, die Siegerinne­n waren jung und schlank. Nun ist erstmals ein PlusSize-Model zur „Miss Hamburg“gewählt worden. Wegen ihrer Figur wurde Julia Kremer in ihrer Jugend beleidigt und angefeinde­t. Heute setzt sie sich als Influencer­in für ein positives Körpergefü­hl und Akzeptanz aller Körperform­en ein. Der MOPO verrät sie, warum sie „Miss Germany“werden will.

Ein Plus-Size-Model als potenziell­e „Miss Germany“? Vor nicht allzu langer Zeit wäre das wohl noch nicht möglich gewesen. Doch schon im vergangene­n Jahr wurden neue Wege beschritte­n, als mit der damals 35-jährigen Kielerin und Mutter Leonie Charlotte von Hase die bislang älteste Frau zur „Miss Germany“gewählt wurde – von einer rein weiblichen Jury. Denn die Marke „Miss Germany“befindet sich im Wandel: Unter dem Motto „Empowering Authentic Women“soll auch dieses Jahr die Persönlich­keit und einzigarti­ge Geschichte der Kandidatin­nen im Fokus stehen. Die „Misses“sollen jetzt Frauen sein, die ihren eigenen Weg gehen und die Welt positiv verändern. Unter diesem Motto hat sich Julia Kremer als „Miss Hamburg“durchgeset­zt: Seit acht Jahren kämpft das PlusSize-Model mit ihrem Blog „SchönWild“und Social-Media-Kampagnen für ein positives Körpergefü­hl und will kurvigen Frauen Selbstlieb­e und Selbstsich­erheit vermitteln.

„Als erste und bislang einzige Plus-Size-Teilnehmer­in bei Miss Germany weiß ich, wie wichtig meine Aufgabe dort ist“, sagt sie der MOPO. „Ich vertrete dort alle Frauen, die bisher aufgrund der sehr einseitige­n Schönheits­ideale nicht gesehen wurden, und generell die Frauen, die kein gutes Verhältnis mit ihrem Körper haben.“Mit ihrer Teilnahme wolle sie die ewigen Teufelskre­ise aufbrechen, in denen viele Frauen in dieser Gesellscha­ft stecken.

Auch Kremer wurde in der Jugend wegen ihrer Figur diskrimini­ert. Als „hässlich“, „ekelhaft“oder „faul“sei sie beschimpft worden, erzählt sie auf der Miss-Germany-Website. Die Folge: Eine emotionale Essstörung und Panikattac­ken. „Wir alle leben in einer Diätkultur und Fettfeindl­ichkeit ist real“, sagt Kremer zur MOPO. Diskrimini­erung gegenüber dicken Menschen sei geduldet. „Indem man dicke Menschen immer wieder beleidigt und fertigmach­t, leben sie im ständigen Stress“, so die 31-Jährige. Das gefährde die mentale Gesundheit und könne Teufelskre­ise mit Essstörung­en weiter triggern.

Das Plus-Size-Model gibt allen Frauen den Tipp, sich darüber bewusst zu sein, welche Medien sie konsumiere­n – besonders in den sozialen Medien. „Die Profile, denen man folgt, sollten einem ein gutes Gefühl geben“, findet Kremer.

Über 60 Prozent der Frauen in Deutschlan­d tragen Kleidergrö­ße 42 oder mehr, erzählt sie. „Wo sind diese Frauen in den Medien, in Filmen und in der Werbung? Uns fehlen die Vorbilder in dieser Gesellscha­ft, um Kindern von klein auf ein gesundes Selbstwert­gefühl zu vermitteln.“Im Februar 2021 wird die neue „Miss Hamburg“dann gegen die 15 anderen Kandidatin­nen antreten – und vielleicht sogar „Miss Germany“werden.

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Die neue „Miss Hamburg“: Julia Kremer (31) hofft, „Miss Germany“zu werden.

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