Gestatten: Die neue Miss Hamburg!
Anders als ihre Vorgängerinnen – aus gutem Grund:
Jahrelang haben sich Frauen mit Modelmaßen bei dem Schönheitswettbewerb „Miss Germany“in Bikinis präsentiert, die Siegerinnen waren jung und schlank. Nun ist erstmals ein PlusSize-Model zur „Miss Hamburg“gewählt worden. Wegen ihrer Figur wurde Julia Kremer in ihrer Jugend beleidigt und angefeindet. Heute setzt sie sich als Influencerin für ein positives Körpergefühl und Akzeptanz aller Körperformen ein. Der MOPO verrät sie, warum sie „Miss Germany“werden will.
Ein Plus-Size-Model als potenzielle „Miss Germany“? Vor nicht allzu langer Zeit wäre das wohl noch nicht möglich gewesen. Doch schon im vergangenen Jahr wurden neue Wege beschritten, als mit der damals 35-jährigen Kielerin und Mutter Leonie Charlotte von Hase die bislang älteste Frau zur „Miss Germany“gewählt wurde – von einer rein weiblichen Jury. Denn die Marke „Miss Germany“befindet sich im Wandel: Unter dem Motto „Empowering Authentic Women“soll auch dieses Jahr die Persönlichkeit und einzigartige Geschichte der Kandidatinnen im Fokus stehen. Die „Misses“sollen jetzt Frauen sein, die ihren eigenen Weg gehen und die Welt positiv verändern. Unter diesem Motto hat sich Julia Kremer als „Miss Hamburg“durchgesetzt: Seit acht Jahren kämpft das PlusSize-Model mit ihrem Blog „SchönWild“und Social-Media-Kampagnen für ein positives Körpergefühl und will kurvigen Frauen Selbstliebe und Selbstsicherheit vermitteln.
„Als erste und bislang einzige Plus-Size-Teilnehmerin bei Miss Germany weiß ich, wie wichtig meine Aufgabe dort ist“, sagt sie der MOPO. „Ich vertrete dort alle Frauen, die bisher aufgrund der sehr einseitigen Schönheitsideale nicht gesehen wurden, und generell die Frauen, die kein gutes Verhältnis mit ihrem Körper haben.“Mit ihrer Teilnahme wolle sie die ewigen Teufelskreise aufbrechen, in denen viele Frauen in dieser Gesellschaft stecken.
Auch Kremer wurde in der Jugend wegen ihrer Figur diskriminiert. Als „hässlich“, „ekelhaft“oder „faul“sei sie beschimpft worden, erzählt sie auf der Miss-Germany-Website. Die Folge: Eine emotionale Essstörung und Panikattacken. „Wir alle leben in einer Diätkultur und Fettfeindlichkeit ist real“, sagt Kremer zur MOPO. Diskriminierung gegenüber dicken Menschen sei geduldet. „Indem man dicke Menschen immer wieder beleidigt und fertigmacht, leben sie im ständigen Stress“, so die 31-Jährige. Das gefährde die mentale Gesundheit und könne Teufelskreise mit Essstörungen weiter triggern.
Das Plus-Size-Model gibt allen Frauen den Tipp, sich darüber bewusst zu sein, welche Medien sie konsumieren – besonders in den sozialen Medien. „Die Profile, denen man folgt, sollten einem ein gutes Gefühl geben“, findet Kremer.
Über 60 Prozent der Frauen in Deutschland tragen Kleidergröße 42 oder mehr, erzählt sie. „Wo sind diese Frauen in den Medien, in Filmen und in der Werbung? Uns fehlen die Vorbilder in dieser Gesellschaft, um Kindern von klein auf ein gesundes Selbstwertgefühl zu vermitteln.“Im Februar 2021 wird die neue „Miss Hamburg“dann gegen die 15 anderen Kandidatinnen antreten – und vielleicht sogar „Miss Germany“werden.