Hamburger Morgenpost

Die meisten Männer sehen ja auch nicht aus wie Brad Pitt

- VIOLA DENGLER viola.dengler@mopo.de

Eine schöne Frau muss schlank sein. Aber natürlich dennoch weiblich: ein knackiger Po, große Brüste – aber bitte nicht größer als C-Körbchen, zu viel Schwerkraf­t. Jeder kennt diese Vorstellun­gen, wie Frauen angeblich aussehen müssen, um attraktiv und begehrensw­ert zu sein. Wer hätte gedacht, dass ausgerechn­et das Wettbewerb­sformat „Miss Germany“sich nun dagegen auflehnt?

Julia Kremer (31) ist zur neuen „Miss Hamburg 2021“gekürt worden – eine kleine Sensation! Denn Kremer ist nicht schlank und hat weder feste kleine Brüste noch ellenlange Beine oder markante Wangenknoc­hen – sie ist ein kurviges Plus-Size-Model, das erste, das es in die letzte Runde des Schönheits­wettbewerb­s „Miss Germany“geschafft hat.

Der Wettbewerb hat in diesem Jahr einen Imagewechs­el hingelegt. Der Grund: Den

Machern der Show ist aufgefalle­n, dass eine Jury aus Männern, die halbnackte Frauen im Badeanzug bewerten, nicht mehr zeitgemäß ist. Jetzt ist Schönheit nur noch ein Thema, neben Persönlich­keit und einer starken Geschichte. Es soll ein neues Frauenbild vermittelt werden.

Muss das sein? Reicht es nicht, dass Klamottenl­äden wie H&M bereits mit kurvigen Frauen werben? Nein! Denn unsere Gesellscha­ft ist noch weit davon entfernt, diese Models als genauso schön und selbstvers­tändlich zu nehmen wie ihre dünnen Kolleginne­n. Erst wenn wir in jedem gesellscha­ftliTV-Foroder chen Bereich, egal ob in maten, auf Social Media in der Werbung Frauen aller Körperform­en sehen, werden sie zur Normalität und damit akzeptiert. Und das ist wichtig. Denn noch immer wachsen zu viele junge Mädchen und Frauen in der Überzeugun­g auf, sie seien hässlich, weil sie dick oder kurvig sind. Sie werden gehänselt, fühlen sich minderwert­ig und ziehen sich oft aus dem gesellscha­ftlichen Leben zurück. Der Vorwurf gegenüber dicken Menschen lautet oft, sie seien faul oder undiszipli­niert. TV-Formate wie „The Biggest Loser“unterstütz­en die Vorurteile dicken Menschen gegenüber, sie sammeln Lacher auf deren Kosten.

Es ist an der Zeit, dass Frauen wie Julia Kremer bei Schönheits­wettbewerb­en und Miss-Wahlen gewinnen und positive Aufmerksam­keit bekommen. Denn dicke oder kurvige Mädchen und Frauen brauchen Identifika­tionsfigur­en, die ihnen zeigen, dass sie genauso schön, sexy und liebenswer­t sind wie die anderen Frauen, die mehr nach „Victoria’s Secret“-Models aussehen. Und Männer müssen lernen, von ihren Forderunge­n, wie Frauen auszusehen haben, endlich wegzukomme­n – schließlic­h sehen auch die wenigsten von ihnen aus wie Brad Pitt.

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