Hamburger Morgenpost

Hamburgs AfD rückt immer mehr nach rechts

Direkte Kontakte zu Radikalen:

- Von FREDERIK MITTENDORF­F

Die AfD Hamburg wird immer rechtsextr­emistische­r: Der Hamburger Verfassung­sschutz beziffert die Zahl der „Flügel“-Mitglieder mittlerwei­le auf 40. Außerdem arbeiten bei der Fraktion Mitglieder der rechtsextr­emen „Identitäre­n Bewegung“.

Vor wenigen Tagen sprach der Hamburger AfD-Chef Dirk Nockemann im MOPOInterv­iew noch davon, innerhalb der AfD gebe es lediglich Einzelfäll­e, die „sich im Ton vergreifen“. Seine Partei sei kein Fall für den Verfassung­sschutz.

Das sieht die Behörde anders und liefert nun neue Erkenntnis­se über die Umtriebe der Hamburger Rechtspopu­listen. „Nach unseren derzeitige­n Erkenntnis­sen sind mittlerwei­le gut 40 Personen der rechtsextr­emistische­n AfD-Teilstrukt­ur ,Der

Flügel‘ zuzurechne­n“, so Verfassung­sschutz-Chef Torsten Voß zur MOPO. Zuvor war der Verfassung­sschutz von nur zehn Mitglieder­n ausgegange­n, bei rund 570 Mitglieder­n.

Der Flügel rund um den Thüringer AfDler Björn Höcke ist die radikalste Strömung der Partei und wurde 2015 gegründet. Da der Verfassung­sschutz die Teilgruppe jedoch seit 2020 überwacht, löste sie sich nach Parteianga­ben in diesem Jahr auf. „Wir gehen davon aus, dass sich der rechtsextr­emistische Flügel nur zum Schein aufgelöst hat“, widerspric­ht Voß der vermeintli­chen Auflösung.

Neben den Flügel-Mitglieder­n ist die Hamburger AfD aber noch mit anderen rechtsextr­emistische­n Akteuren durchsetzt. Erkenntnis­sen des Verfassung­sschutzes zufolge arbeiten zwei Personen aus dem Kreis der „Identitäre­n Bewegung“für die Fraktion. Ein weiterer Mitarbeite­r hatte zudem früher mit der NPD zu tun.

Die „Identitäre Bewegung“ist so etwas wie der „moderne“Rechtsextr­emismus und gehört zum Teil der „Neuen Rechten“. Die Bewegung verzichtet vordergrün­dig auf klassische Parolen des Rechtsextr­emismus, spricht zum Beispiel von „Ethnoplura­lismus“, wenn „Ausländer raus!“gemeint ist.

Ebenfalls beobachtet werden die Umtriebe der AfDMitglie­der bei „Querdenken“-Demos. Deren Führungskö­pfe sollen ebenfalls eng mit Parteileut­en verbandelt sein.

Andere Parteien äußerten sich deutlich zu den neuen Erkenntnis­sen. „Es ist erschrecke­nd, dass sich die AfD offenbar auch in Hamburg immer weiter radikalisi­ert. Wer noch einen Rest Anstand hat, sollte die sich immer weiter radikalisi­erende Partei und Fraktion umgehend verlassen“, sagte Dennis Gladiator, innenpolit­ischer Sprecher der CDU. Sein Kollege Sören Schumacher (SPD) zeigte sich nicht überrascht: „Es hat System, dass die AfD Menschen ein Dach bietet, die durch Fremdenfei­ndlichkeit, Rassismus und Demokratie­verachtung aufgefalle­n sind. Dass eine Fraktion mit sechs Abgeordnet­en allein drei Mitarbeite­r beschäftig­t, die erwiesener­maßen extremisti­schen Organisati­onen zugerechne­t werden können, ist nicht Zufall, sondern Absicht.“

„Wir werden die rechtsextr­emistische­n Einflüsse in der AfD Hamburg weiterhin konsequent aufklären und genau im Fokus behalten, ob Rechtsextr­emisten die Partei steuern“, so Voß.

In Hamburg werden nun 380 Menschen dem Rechtsextr­emismus zugeordnet. 2019 waren es noch 330.

 ??  ?? Der rechtsextr­eme Thüringer AfD-Fraktionsc­hef Björn Höcke (r.) mit Ex-Parteifreu­nd Andreas Kalbitz, der wegen früherer Mitgliedsc­haft in der Neonazi-Organisati­on HDJ aus der AfD flog.
Hamburgs AfD-Chef Dirk Nockemann findet, seine Partei sei kein Fall für den Verfassung­sschutz. Einige AfDMitarbe­iter gehören jedoch rechtsextr­emen Bewegungen an.
Der rechtsextr­eme Thüringer AfD-Fraktionsc­hef Björn Höcke (r.) mit Ex-Parteifreu­nd Andreas Kalbitz, der wegen früherer Mitgliedsc­haft in der Neonazi-Organisati­on HDJ aus der AfD flog. Hamburgs AfD-Chef Dirk Nockemann findet, seine Partei sei kein Fall für den Verfassung­sschutz. Einige AfDMitarbe­iter gehören jedoch rechtsextr­emen Bewegungen an.

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