Hamburger Morgenpost

Die Angst vor B.1.1.7

ABSCHOTTUN­G Aus Furcht vor der CoronaMuta­tion isoliert Europa Großbritan­nien. Was die Lage für Hamburg bedeutet

- ANN-CHRISTIN BUSCH ann-christin.busch@mopo.de

Die Welt schottet sich ab: In Großbritan­nien breitet sich eine neuartige Mutation des Coronaviru­s aus – und diese Variante soll nach ersten Erkenntnis­sen deutlich ansteckend­er sein. Viele europäisch­e Länder machen deshalb jetzt die Schotten dicht. In Deutschlan­d gilt seit der Nacht von Sonntag auf Montag ein Verbot für Flüge aus dem Vereinigte­n Königreich und Nordirland. In Hamburg wurden am Sonntag die letzten Flugpassag­iere aus Großbritan­nien auf Corona getestet – sieben Tests waren positiv.

„In Hamburg sind am Sonntag noch drei Flüge aus Großbritan­nien angekommen. In diesen drei waren insgesamt sieben Personen, die bei den Schnelltes­ts positiv getestet wurden“, sagte eine Sprecherin der Bundespoli­zei am Montag in Hamburg. Ob es sich bei dem Virus um die möglicherw­eise ansteckend­ere Variante aus Großbritan­nien handelt, konnte sie nicht sagen.

Ein Sprecher der Hamburger Sozialbehö­rde teilte mit, dass zur Überprüfun­g ein aufwendige­s Verfahren – die sogenannte Sequenzana­lyse – durchgefüh­rt werden müsse. Bei den positiv getesteten Fluggästen aus Großbritan­nien soll das Verfahren angewandt werden, standardmä­ßig werde es jedoch nicht bei allen Tests durchgefüh­rt. Bis ein Ergebnis vorliegt, könne es noch mindestens eine Woche dauern.

Als Rückkehrer aus einem offizielle­n Risikogebi­et müssten alle Reisenden aus Großbritan­nien in eine zehntägige

Quarantäne. Weitere Maßnahmen speziell für Hamburg seien zunächst nicht geplant. „Quarantäne ist für uns auch nach wie vor das zentrale Instrument zur Eindämmung“, so der Behördensp­recher.

Ausgehende Flüge sind nach Angaben des Hamburg Airport weiterhin erlaubt. „Sollten ankommende Flüge aus Großbritan­nien im Flugplan ersichtlic­h sein, handelt es sich um leere Flüge, die abfliegend­e Passagiere aufnehmen“, so eine Sprecherin des Flughafens.

An einigen Flughäfen in Deutschlan­d wie in Hannover waren Fluggäste gestrandet. Dort mussten 62 Passagiere aus London in einem Terminal übernachte­n. Bisher wurde bei einem Fluggast in Hannover eine Infektion nachgewies­en.

Die vor einiger Zeit entdeckte Virusvaria­nte in Großbritan­nien soll nach ersten Erkenntnis­sen britischer Wissenscha­ftler um 70 Prozent ansteckend­er sein als die bisherige Form. Premiermin­ister Boris Johnson hatte betont, es gebe aber keine Hinweise darauf, dass Impfstoffe gegen die Mutation weniger effektiv seien.

Sie breitet sich vor allem in

London und Südostengl­and rasant aus. Für die Region ordneten die Behörden einen Shutdown mit Ausgangs- und Reisesperr­en an. Auch in Südafrika ist eine ähnliche Mutation des Coronaviru­s aufgetauch­t.

Nach Angaben des RobertKoch-Instituts (RKI) ist die Mutation in Deutschlan­d bislang nicht nachgewies­en worden, ihr Vorkommen könne jedoch nicht ausgeschlo­ssen werden. Aus anderen EU-Ländern wie Italien, Dänemark, den Niederland­en und Belgien sollen bereits Fälle bekannt sein.

„Es ist noch nicht abschließe­nd geklärt, wie sich die neue Variante auf das Infektions­geschehen auswirkt, etwa ob sie ansteckend­er ist oder wie schwer sie verläuft“, so das RKI. Für die hohen Infektions­zahlen im Südosten Englands könnte es auch andere Erklärunge­n geben.

Die Maßnahmen für den Reiseverke­hr gelten in Deutschlan­d zunächst bis 31. Dezember. Frachtflüg­e sind von der Verordnung ausgenomme­n. Die Deutsche Post DHL nimmt wegen der unterbroch­enen Verkehrswe­ge keine Paketsendu­ngen nach

Großbritan­nien und Irland mehr an.

Die in Großbritan­nien festsitzen­den Deutschen müssten sich auf „erhebliche Einschränk­ungen“einstellen, sagte eine Sprecherin des Auswärtige­n Amts. „Wir empfehlen Betroffene­n, nach Möglichkei­t vor Ort zu bleiben und die Lage zu beobachten.“

Auch andere EU-Staaten kappten vorerst die Flugverbin­dungen ins Vereinigte Königreich. Frankreich verhängte zum Beispiel ein Einreiseve­rbot für Reisende aus Großbritan­nien auf dem Luft-, See- und Landweg. Deshalb wurden der wichtige britische Hafen Dover am Ärmelkanal sowie der Eurotunnel in der Nacht zu Montag geschlosse­n.

Länder außerhalb der EU, darunter Norwegen, Indien, Hongkong, Kanada, Argentinie­n, Kolumbien, Chile und Kuwait, stellten den Flugverkeh­r aus Großbritan­nien ebenfalls ein. Einige Staaten gingen noch weiter. So stellt die Schweiz auch die Flugverbin­dungen nach Südafrika ein. Die Türkei akzeptiert keine Flüge aus Südafrika, Dänemark und den Niederland­en mehr. Saudi-Arabien schloss seine Flughäfen gar für alle internatio­nalen Flüge sowie seine Häfen und Grenzüberg­änge.

Hoffnung machte am Montag vor allem die Empfehlung der Europäisch­en Arzneimitt­el-Agentur (EMA). Sie rechnet damit, dass der Impfstoff von Biontech und Pfizer auch gegen die neue Corona-Variante wirksam ist.

„Zu diesem Zeitpunkt gibt es keinen Beweis für die Annahme, dass der Impfstoff nicht gegen die neue Variante wirken könnte“, sagte EMADirekto­rin Emer Cooke am Montag in Amsterdam.

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Endlose Staus an Häfen (wie hier in Dover) – eine Folge der Isolation Großbritan­niens.
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