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Prozess um das Attentat von Halle endet mit lebenslang samt Sicherungsverwahrung
Ursula Mertens ist eine erfahrene Richterin. Die 57-Jährige sitzt der Staatsschutzkammer beim Oberlandesgericht Naumburg vor. Seit 25 Jahren führt sie Prozesse.
„Ich habe viele schlimme Verfahren verhandelt“, sagt sie, nachdem sie das Urteil für den Attentäter von Halle verkündet hat. Viele Momente in diesem Prozess seien unerträglich gewesen, sagt die Richterin. Dabei versagt Mertens die Stimme und ihr kommen die Tränen. „Dieses Verfahren stellt alles in den Schatten.“
Mertens hat einen bemerkenswerten Prozess geführt.
Und sie tat das auf bemerkenswerte Art. Pragmatisch und menschlich angesichts einer unmenschlichen Tat. Ohne sich hinter ihrer Robe zu verstecken. Und mit klaren Worten. „Sie sind für die Menschheit gefährlich“ist ihr abschließender Satz.
Stephan B., 28 Jahre alt, fanatischer Rechtsextremist, Antisemit und Frauenhasser, ein Terrorist aus dem Kinderzimmer, wird zur Höchststrafe verurteilt. Er soll lebenslang in Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung. Die Richter sprachen ihn am Montag in Magdeburg des zweifachen Mordes und des versuchten Mordes in weiteren zahlreichen Fällen schuldig und stellten außerdem die besondere Schwere der Schuld fest. Damit ist eine vorzeitige Haftentlassung nach 15 Jahren so gut wie ausgeschlossen. Vermutlich wird er nie wieder in Freiheit kommen.
Am 9. Oktober 2019, am höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur, versuchte B., auf das Gelände der Synagoge von Halle (Saale) vorzudringen. Er führte eine Anzahl selbst gebauter Waffen und Sprengvorrichtungen mit sich. Mit einer Helmkamera übertrug er seinen Anschlag live in einem Internetkanal.
Er übertrug sein Scheitern:
Er scheiterte daran, aufs Gelände zu kommen, und zerschoss einen Reifen seines Mietwagens. Er ermordete kaltblütig die 40jährige Passantin Jana L., fuhr weiter zum nahe gelegenen „Kiez-Döner“und erschoss dort den 20-jährigen Kevin S., trotz dessen Flehens, ihn leben zu lassen. Mertens stellte das Leben von Kevin dem des Attentäters gegenüber: Kevin habe es trotz angeborener geistiger Behinderung geschafft, einen Beruf zu ergreifen und sich einen Freundeskreis aufzubauen – der Attentäter hingegen sei daran gescheitert, sich ein Leben aufzubauen.