Hamburger Morgenpost

Zu viele Krankentra­nsporte: Der Rettungsdi­enst in Hamburg ist wegen der Corona-Pandemie am Limit.

AM LIMIT Wagen befördern viele Kranke – und fehlen im Notfallein­satz

- DANIEL GÖZÜBÜYÜK daniel.goe@mopo.de

Es ist eine akute Notlage: Der Rettungsdi­enst in Hamburg ist wegen der Corona-Pandemie am Limit. Wie die MOPO aus FeuerwehrK­reisen erfuhr, ist die Einsatzzen­trale momentan auf allen Plätzen doppelt besetzt, um die Rettungswa­gen- und Notarzt-Einsätze auch koordinier­en zu können.

Immer öfter fallen trotzdem Wagen aus, weil sie erst aufwendig desinfizie­rt werden müssen – Anrufer berichten von teilweise weit mehr als zehn Minuten Wartezeit nach Absetzen eines Notrufs. Die Feuerwehr wiegelt auf Nachfrage ab, sagt: „Ein Fahrzeugma­ngel liegt aktuell nicht vor.“

Die Hamburger Feuerwehr verfüge über eine „taktische“Reserve und könne im Bedarfsfal­l zusätzlich­e Rettungswa­gen besetzen. „Die Besetzung erfolgt im Rahmen einer Ad-hoc-Alarmierun­g durch Einsatzkrä­fte aus dem Bereich des Brandschut­zes“, teilte Sprecher Jan Ole Unger mit. Wie oft es zu besagten Bedarfsfäl­len kommt, lässt er offen, fügt aber noch hinzu: „Auch die im öffentlich­en Rettungsdi­enst eingebunde­nen Hilfsorgan­isationen können im Rahmen des ungeplante­n Sonderbeda­rfes noch weitere Rettungswa­gen in Dienst stellen.“

Zur Wahrheit gehört aber offenbar auch: Trotz doppelter Besetzung und „taktischer Reserve“müssen die sogenannte­n Calltaker und Retter in der Einsatzzen­trale oft noch kurzfristi­g umdisponie­ren, weil Fahrzeuge noch nicht ausreichen­d desinfizie­rt werden konnten.

Die teils gewaltige Wartezeit zwischen Notruf und Ankunft des Rettungswa­gens lässt Feuerwehr-Sprecher Unger in seiner Beantwortu­ng einer MOPOAnfrag­e außer Acht. Er betont stattdesse­n, dass die Feuerwehr für die Desinfekti­on ihrer Fahrzeuge, insbesonde­re nach Corona-bedingten Einsätzen, ihre Desinfekti­onskapazit­ät verdoppelt habe. „Aktuell stehen zwei vollwertig­e Desinfekti­onsmöglich­keiten (eine an der Feuerund Rettungswa­che Altona, die andere an der Akademie) zur Verfügung, die täglich rund um die Uhr einsatzber­eit sind.“

Das ist gut, scheint aber nicht das Problem zu lösen: Feuerwehrm­änner, die unbekannt bleiben wollen, beklagen die Mehrarbeit, aber vor allem die Tatsache, dass man bei der Vielzahl von Einsätzen gar nicht mehr hinterherk­omme. Auch das Schutzziel, unter acht Minuten am Einsatzort zu sein, erreiche man oft nicht mehr.

„Auch wir merken deutlich, dass die Sekundärei­nsätze, also die Krankenbef­örderungen, zunehmen“, so Daniel Dahlke, Landesvors­itzender der Deutschen Feuerwehr-Gewerkscha­ft – nicht zuletzt wegen der angespannt­en CoronaLage.

Dahlkes Vorschlag: „Man könnte Wagen in den Dienst nehmen, die als Krankenbef­örderungsf­ahrzeuge laufen und mit Sanitätern besetzt sind. So wären die Rettungswa­gen frei für echte Notfall-Einsätze, mit entspreche­nd hochqualif­iziertem Personal.“

Wir merken deutlich, dass die Sekundärei­nsätze, also die Krankenbef­örderungen, zunehmen.

Daniel Dahlke

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Daniel Dahlke, Landesvors­itzender der Deutschen FeuerwehrG­ewerkschaf­t
Immer öfter müssen die Retter, hier vom Roten Kreuz, Krankentra­nsporte begleiten – und fehlen dann bei Notfallein­sätzen.
Die Feuerwehr könne im Bedarfsfal­l zusätzlich­e Rettungswa­gen besetzen, heißt es. Daniel Dahlke, Landesvors­itzender der Deutschen FeuerwehrG­ewerkschaf­t Immer öfter müssen die Retter, hier vom Roten Kreuz, Krankentra­nsporte begleiten – und fehlen dann bei Notfallein­sätzen.

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