Wer lügt hier: Das Krankenhaus oder die Pflegerin?
ASKLEPIOS Kündigung nach Interview über Chaos in Klinik
Ein Interview wird Romana Knezevic zum Verhängnis: Die Pflegefachkraft in der Asklepios Klinik St. Georg hatte am 17. Dezember in der Fernsehsendung „Hamburg Journal“öffentlich von schlechten Zuständen auf den Intensivstationen des Krankenhauses gesprochen. Nun soll ihr wegen falscher Tatsachenbehauptung gekündigt werden.
Es zeichnet sich schon länger ab: Durch die steigende Zahl der Corona-Patienten und den Pflegekräftemangel wird die Lage auf Hamburgs Intensivstationen ernster. Bei einer Pressekonferenz der Hamburger Krankenhausbewegung, eines selbstorganisierten Zusammenschlusses, berichteten Pfleger aus sechs verschiedenen Krankenhäusern in Hamburg von Überlastungen und teilweise chaotischen Zuständen in Kliniken.
Die Vorwürfe, die die Pflegerin Romana Knezevic danach im „Hamburg Journal“vorbrachte, waren besonders schwerwiegend: Auf den Intensivstationen der Asklepios Klinik St. Georg könne teilweise nur noch mit einem Betreuungsschlüssel von 1:5 gearbeitet werden, dabei sei sonst ein Betreuungsschlüssel von 1:2 oder 1:1 vorgesehen.
Auch Reinigungspersonal gebe es zu wenig. Die Arbeiten müssten vom Pflegepersonal übernommen werden, wodurch weniger Zeit für die Versorgung der Patienten bleibe. Knezevic sprach außerdem davon, dass Patienten wegen zu wenig Personal allein in ihren Zimmern sterben würden.
Asklepios widerspricht dieser Darstellung: Der gesetzliche Personalschlüssel werde auf den Intensivstationen der Asklepios Klinik St. Georg kontinuierlich eingehalten. Abgesehen von der Reinigung hochsensibler medizinischer Geräte, die regelhaft von Pflegekräften gereinigt werden, würden Intensivpflegekräfte nicht angeordnet, Tätigkeiten des Reinigungspersonals zu übernehmen, erklärt ein Sprecher der Asklepios Kliniken Hamburg gegenüber der MOPO. Auch Sterbebegleitungen durch Pfleger seien gewährleistet.
Nun will Asklepios Knezevic
wegen falscher Tatsachenbehauptung kündigen. „Bei allem Verständnis für teils berechtigte Kritik am Gesundheitssystem ist es gleichwohl nicht hinnehmbar, dass Mitarbeiter aus ideologisch-politisch motivierten Gründen gegenüber Medien wissentlich Falschinformationen verbreiten oder Ausnahmesituationen als Regelfälle darstellen“, so der Sprecher. So würden Arbeitgeber und Kollegen öffentlich in Misskredit gebracht und das Vertrauen der Bevölkerung erschüttert. „Das toleriert kein Arbeitgeber.“Die Krankenhausbewegung stellt sich hinter Knezevic: „Der Versuch, unsere Kollegin zu kündigen, wird auf den Stationen als durchsichtiger Einschüchterungsversuch wahrgenommen und sorgt für Entrüstung und Wut.“In diesem Konflikt gehe es nicht um eine einzelne Pflegekraft und nicht um ein einzelnes Krankenhaus, sondern um die Gesundheitsversorgung der Menschen in dieser Stadt. Sie fordert Asklepios auf, den Antrag auf Kündigung sofort zurückzuziehen, und erwartet auch vom Senat, auf eine Rücknahme des Kündigungsversuchs hinzuwirken.