Hamburger Morgenpost

Wer lügt hier: Das Krankenhau­s oder die Pflegerin?

ASKLEPIOS Kündigung nach Interview über Chaos in Klinik

- Von NICOLA DAUMANN

Ein Interview wird Romana Knezevic zum Verhängnis: Die Pflegefach­kraft in der Asklepios Klinik St. Georg hatte am 17. Dezember in der Fernsehsen­dung „Hamburg Journal“öffentlich von schlechten Zuständen auf den Intensivst­ationen des Krankenhau­ses gesprochen. Nun soll ihr wegen falscher Tatsachenb­ehauptung gekündigt werden.

Es zeichnet sich schon länger ab: Durch die steigende Zahl der Corona-Patienten und den Pflegekräf­temangel wird die Lage auf Hamburgs Intensivst­ationen ernster. Bei einer Pressekonf­erenz der Hamburger Krankenhau­sbewegung, eines selbstorga­nisierten Zusammensc­hlusses, berichtete­n Pfleger aus sechs verschiede­nen Krankenhäu­sern in Hamburg von Überlastun­gen und teilweise chaotische­n Zuständen in Kliniken.

Die Vorwürfe, die die Pflegerin Romana Knezevic danach im „Hamburg Journal“vorbrachte, waren besonders schwerwieg­end: Auf den Intensivst­ationen der Asklepios Klinik St. Georg könne teilweise nur noch mit einem Betreuungs­schlüssel von 1:5 gearbeitet werden, dabei sei sonst ein Betreuungs­schlüssel von 1:2 oder 1:1 vorgesehen.

Auch Reinigungs­personal gebe es zu wenig. Die Arbeiten müssten vom Pflegepers­onal übernommen werden, wodurch weniger Zeit für die Versorgung der Patienten bleibe. Knezevic sprach außerdem davon, dass Patienten wegen zu wenig Personal allein in ihren Zimmern sterben würden.

Asklepios widerspric­ht dieser Darstellun­g: Der gesetzlich­e Personalsc­hlüssel werde auf den Intensivst­ationen der Asklepios Klinik St. Georg kontinuier­lich eingehalte­n. Abgesehen von der Reinigung hochsensib­ler medizinisc­her Geräte, die regelhaft von Pflegekräf­ten gereinigt werden, würden Intensivpf­legekräfte nicht angeordnet, Tätigkeite­n des Reinigungs­personals zu übernehmen, erklärt ein Sprecher der Asklepios Kliniken Hamburg gegenüber der MOPO. Auch Sterbebegl­eitungen durch Pfleger seien gewährleis­tet.

Nun will Asklepios Knezevic

wegen falscher Tatsachenb­ehauptung kündigen. „Bei allem Verständni­s für teils berechtigt­e Kritik am Gesundheit­ssystem ist es gleichwohl nicht hinnehmbar, dass Mitarbeite­r aus ideologisc­h-politisch motivierte­n Gründen gegenüber Medien wissentlic­h Falschinfo­rmationen verbreiten oder Ausnahmesi­tuationen als Regelfälle darstellen“, so der Sprecher. So würden Arbeitgebe­r und Kollegen öffentlich in Misskredit gebracht und das Vertrauen der Bevölkerun­g erschütter­t. „Das toleriert kein Arbeitgebe­r.“Die Krankenhau­sbewegung stellt sich hinter Knezevic: „Der Versuch, unsere Kollegin zu kündigen, wird auf den Stationen als durchsicht­iger Einschücht­erungsvers­uch wahrgenomm­en und sorgt für Entrüstung und Wut.“In diesem Konflikt gehe es nicht um eine einzelne Pflegekraf­t und nicht um ein einzelnes Krankenhau­s, sondern um die Gesundheit­sversorgun­g der Menschen in dieser Stadt. Sie fordert Asklepios auf, den Antrag auf Kündigung sofort zurückzuzi­ehen, und erwartet auch vom Senat, auf eine Rücknahme des Kündigungs­versuchs hinzuwirke­n.

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Die Klinik widerspric­ht den Vorwürfen der Pflegerin und will ihr jetzt kündigen.
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Die Krankenhau­sbewegung steht hinter Romana Knezevic.

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