Das Land in Sorge um den Impfstoff
Diskurs über Lizenzproduktion. Thüringens Innenminister befürchtet Attacken auf Vorräte
Die Corona-Impfungen laufen, aber noch ist der weltweit begehrte Impfstoff äußerst knapp. Oppositionspolitiker machen daher Druck, die Produktionskapazitäten hochzufahren. Der Gesundheitsminister weist Kritik zurück. Auch gibt es die Angst vor möglichen Attacken auf Impfstofflager. Der Stoff, der allen Hoffnung macht, besteht rein chemisch betrachtet aus Wasser, Kochsalz, Kaliumchlorid, Cholesterin, Zucker, ein paar komplexeren Verbindungen – und ist dennoch wertvoll wie flüssiges Gold. Fest steht: Vom Impfstoff ist bislang zu wenig da. Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner sagte in der Internetausgabe der „Bild“-Zeitung, in der derzeitigen krisenhaften Lage werde daher eine „Krisenproduktion“des Impfstoffs gebraucht. Es müssten alle rechtlichen, wirtschaftlichen, politischen und technologischen Voraussetzungen geschaffen werden, damit schneller geimpft werden könne. Konkret regte Lindner an, den Impfstoff der Mainzer Firma Biontech und ihres US-Partners Pfizer eventuell von anderen Herstellern in Lizenz produzieren zu lassen.
Achim Kessler, Gesundheitspolitiker der Linken, forderte im „Spiegel“gar, Impfstoffhersteller zu zwingen, anderen Unternehmen eine Lizenz zum Nachproduzieren zu gewähren.
All diese Überlegungen wies Bundesgesundheitsminister Jens Spahn jetzt zurück. Und gab sich zuversichtlich, dass die Produktion des Corona-Impfstoffs in Deutschland bald hochgefahren werden kann. „Wir tun alles zusammen mit Biontech-Pfizer, dass es zusätzliche Produktionsstätten hier in Deutschland etwa in Marburg in Hessen
Unter Polizeischutz: Impfstoff der Firma Biontech aus Mainz. Auch die Kühllaster werden stets von zwei Polizeifahrzeugen begleitet, wie ganz oben im Bild nahe Düsseldorf. geben kann“, so Spahn gestern im gemeinsamen „Morgenmagazin“von ARD und ZDF.
Konkret verwies er auf eine Produktionsanlage der Schweizer Pharmafirma Novartis in Marburg, die vom Mainzer Unternehmen Biontech übernommen wurde. „Ziel ist, noch im Februar/März dort auch Produktion möglich zu machen. Und das würde die Menge enorm erhöhen“, so Spahn. Nach Angaben von Biontech sind in Marburg einige Umstellungen nötig, bevor es auch dort mit der Produktion des Covid-19Impfstoffs losgehen kann.
Der Gesundheitsminister rechnet außerdem „in den ersten Januartagen“mit der Zulassung des Impfstoffs von US-Hersteller
Moderna, wie er im Interview in der Sendung „radioWelt“des Bayerischen Rundfunks deutlich machte. Zwei bis drei weitere Kandidaten seien auf dem Weg in die Zulassung, fügte er hinzu und bekräftigte erneut das Ziel, bis zum Sommer jedem Bürger ein Impfangebot machen zu können. „Weihnachten nächstes Jahr soll wieder normal werden können.“
Eine ganz andere Sorge treibt den Landesinnenminister Thüringens um. Der SPD-Politiker Georg Maier (SPD) warnte vor Attacken auf CoronaImpfstofflager durch militante Kritiker. „Wir müssen davon ausgehen, dass es unter den Impfgegnern Kräfte gibt, die nicht davor zurückschrecken, einen Angriff auf ein Impfstofflager durchzuführen“, so Maier in der „Tageszeitung“. Deshalb würden die Standorte von der Polizei geschützt.