Hamburger Morgenpost

Ich halte den Zeitpunkt für diese Forderung für sehr ungünstig.

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nommen, da hat alles reibungslo­s geklappt.“

Nach dem Schock durch die plötzliche Rückzahlun­gsaufforde­rung reichte er Widerspruc­h ein und wandte sich parallel an die Anwaltskan­zlei „Gansel Rechtsanwä­lte“aus Berlin, die ihm von einem befreundet­en Gastronome­n aus Hamburg empfohlen wurde.

Der Berliner Anwalt Paul Czakert hat zum ersten Mal mit einer solchen Forderung zu tun. Für ihn ist das Timing der Rückzahlun­gsforderun­g denkbar schlecht: „Ich halte den Zeitpunkt für diese Forderung für sehr ungünstig – auch vor dem Hintergrun­d, dass die Novemberhi­lfe noch sehr schleppend ausgezahlt wird.“Die Leute hätten gerade einfach kein Geld. Seiner Meinung nach beweisen die Behörden damit „überhaupt kein Feingefühl“.

Doch warum kommt die Forderung gerade jetzt? Laut

Czakert hätten viele Gastronome­n, wie üblich, am Ende des Jahres oder auch parallel mit dem Einreichen des Antrages für die Novemberhi­lfen, die Betriebswi­rtschaftli­che Auswertung (BWA) an die Stadt übermittel­t. „Die wird dann geprüft, und wenn es Unstimmigk­eiten bei den Fixkosten gibt oder die Zahlen in den betreffend­en Monaten doch besser waren, als im Antrag prognostiz­iert, wird im Anschluss oft die Rückzahlun­gsforderun­g verschickt.“

Anwalt Czakert bemängelt: Anstatt zu warten oder den Betrag mit den anderen Hilfen zu verrechnen, käme jetzt diese Forderung. Isidro Alarcon wird kein Einzelfall bleiben: „Wir sind uns sicher, dass jetzt reihenweis­e solche Forderunge­n an die Gastronome­n verschickt werden. Ich rate jedem, der so ein Schreiben bekommt, es von einem Rechtsanwa­lt prüfen zu lassen.“

Die Finanzbehö­rde ist sich nach eigenen Angaben der Belastung durch die Rückzahlun­gsforderun­gen bewusst: „Rückforder­ungen lassen sich leider mit Blick auf die Regularien des Bundes nicht gänzlich vermeiden. Aber wir wissen, dass es im aktuellen Lockdown und angesichts teilweise noch ausstehend­er Bundeshilf­en eine echte Härte wäre, solche Rückforder­ungen jetzt auch zu vollziehen“, erklärt Finanzsena­tor Andreas Dressel auf MOPOAnfrag­e.

Demnach habe die Behörde daher mit einer eigenen Initiative erreicht, dass die Abrechnung der Hilfen mit dem Bund um ein halbes Jahr bis zum Jahresende 2021 hinausgesc­hoben werde. Daher wird die Behörde laut Dressel die „Vollziehun­g solcher Rückforder­ungen grundsätzl­ich bis auf Weiteres zurückstel­len.“Damit sollen Mehrbelast­ungen in der „kritischen Phase der Pandemie“vermieden werden – ganz aus der Welt sind die Forderunge­n damit aber nicht.

Laut der Finanzbehö­rde sind im Rahmen der Hamburger Corona-Soforthilf­en aktuell etwa 3700 Forderunge­n dieser Art in einem Gesamtvolu­men von rund 34 Millionen Euro gestellt worden. Es sind somit viele weitere Hamburger Gastronome­n betroffen, die sich teilweise auch schon vor dem Bescheid der IFB in einer prekären Lage befanden und deren Sorgen nun noch größer werden.

Paul Czakert, Rechtsanwa­lt

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Isidro Alarcon, hier mit dem Schreiben der IFB, betreibt auf St. Pauli das Restaurant „Marend Tiroler Küche“.

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