Hamburger Morgenpost

Ostsee-Urlaub verboten — aber sie fliegen nach Malle

„Stimmung gut!“Was Reisende über ihren Trip sagen:

- Von CHARLOTTE NZIMIRO

Bizarre Corona-Regeln: Während es hierzuland­e nicht gestattet ist, für einen Kurzurlaub an die nahe gelegene See zu reisen, sind Flüge nach Mallorca jetzt wieder erlaubt. Seit gestern ist die spanische Insel kein Risikogebi­et mehr und kann ohne Quarantäne oder Testpflich­t nach der Rückkehr bereist werden. Dabei sind die Inzidenzza­hlen am Mittelmeer teilweise sogar höher als hier an der Küste.

Auf geht’s nach „Malle“! Kaum war die Reisewarnu­ng aufgehoben, waren die Flugzeuge am Hamburger Flughafen zum Lieblingsz­iel der Deutschen startklar: Gestern um 11 Uhr hob der erste Flug aus Fuhlsbütte­l in Richtung Mallorca ab.

Dort und auf den anderen Balearen-Inseln liegt die momentane Sieben-TageInzide­nz bei etwa 21 Neuinfekti­onen pro 100 000 Einwohner. Damit befindet sich der Wert der Inselgrupp­e weit unter denen der meisten deutschen Regionen.

Doch es gibt Ausnahmen. Einige beliebte Nord- und Ostsee-Orte weisen ähnlich niedrige Werte auf – trotzdem steht der Tourismus dort weiter still. SchleswigH­olstein hat zwar eine Gesamtinzi­denz von knapp über 50, im Landkreis Nordfriesl­and, zu dem auch Sankt Peter-Ording und Sylt gehören, liegt der Wert jedoch bei 28,3. Im Landkreis Dithmarsch­en bei 12,8 und damit sogar noch unter jenem von Mallorca. Die bei Hamburgern beliebte Region Ostholstei­n (mit den Ostseebäde­rn Scharbeutz und Timmendorf­er Strand) hat eine Inzidenz von 35, Plön liegt bei 26,4.

Sowohl Touristen als auch Hotels und Ferienhaus-Anbieter an den deutschen Küsten schauen in die Röhre. Unterkünft­e bleiben dort noch bis mindestens 28. März geschlosse­n – wie es danach weitergehe­n soll, wird beim BundLänder-Treffen am 22. März entschiede­n.

Eine der drängenden Fragen lautet: Warum dürfen Menschen nach Mallorca reisen und sich in ein Flugzeug mit lauter Fremden setzen – aber nicht zur Ferienwohn­ung an die See, zu der man im eigenen Auto fahren kann?

In der Politik stößt die momentane Situation auf Unverständ­nis. „Für mich wäre es schwer vorstellba­r, dass an Ostern auf Mallorca Urlaub möglich ist, aber im Schwarzwal­d Hotels geschlosse­n bleiben. Das wäre eine ganz bittere Botschaft“, sagte der Tourismusb­eauftragte Thomas Bareiß (CDU). Gleichzeit­ig begrüßt er die Aufhebung der Reisebesch­ränkung für die Balearen. „Ich bin froh, dass schrittwei­ses Öffnen in Europa wieder möglich scheint.“

Bei der Einreise nach Spanien muss ein negativer Corona-Test vorgewiese­n werden, der höchstens 72 Stunden alt sein darf. Auf der Insel gelten bis zum 15. März noch verschärft­e Corona-Regeln. Dazu zählen Ausgangssp­erren zwischen 22 und 6

Uhr, Zusammenkü­nfte von mehr als sechs Personen sind untersagt. Restaurant­s dürfen nur draußen bedienen, Geschäfte sind eingeschrä­nkt geöffnet und im öffentlich­en Nahverkehr gilt neben der Maskenpfli­cht ein Telefonier- und Sprechverb­ot.

Die meisten Reisenden freuen sich dennoch, vor allem darüber, endlich wieder etwas anderes sehen zu können. „Bei dem Inzidenzwe­rt dort ist die Reise doch völlig o.k., da müssen wir uns in

Deutschlan­d eine Scheibe von abschneide­n. Ich mache nichts anderes, was ich in Deutschlan­d auch machen würde“, sagte Tourist Stefan S.

Manche Reisende haben – bei aller Vorfreude – aber auch ein mulmiges Gefühl. Touristin Rosa C.: „Die Zahlen dort sind ja niedriger als in Deutschlan­d. Aber vielleicht ist es auch ein Fehler, wenn es jetzt wieder für alle losgeht. Es fliegt auf jeden Fall ein schlechtes Gewissen mit.“

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Am Hamburger Flughafen war der Andrang bei den Flügen nach Mallorca am Sonntag groß.

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