Hamburger Morgenpost

Zu viel Zauberei?

FC ST. PAULI Offensiv-Raketen glänzen, übertreibe­n es aber und ernten vom Trainer Kritik

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Der FC St. Pauli bereichert die Zweite Liga mit rasantem Offensivfu­ßball, herrlich herausgesp­ielten Toren und sehenswert­en Tricks. Das ist schön. Manchmal etwas zu schön. Beim 2:0-Sieg gegen Eintracht Braunschwe­ig war es für Trainer Timo Schultz zu viel des Guten. Nach der Partie ordnete der Coach die hochtalent­ierte Kreativabt­eilung ein.

Es ist ein schmaler Grat zwischen Spielfreud­e und

Verspielth­eit, der gerade für junge Spieler mit großen Fähigkeite­n nicht leicht zu erkennen ist, insbesonde­re im Eifer des Gefechts. Gegen Braunschwe­ig wurde dieser Grat zu oft und weit überschrit­ten. Großartig gekickt hatte St. Pauli in der ersten Halbzeit. „Es hat echt Spaß gemacht, zuzuschaue­n“, sagte Schultz. Nach der Pause schaute er jedoch häufig grimmig.

„Ich habe mich geärgert, dass wir in unserer Schönspiel­erei

gestorben sind“, kritisiert­e Schultz direkt nach der Partie „Dass wir nicht mehr zielstrebi­g waren und es immer extratoll machen wollten.“

Das ging vor allem an die Adresse der Torschütze­n Omar Marmoush und Daniel Kofi-Kyereh, denen es mit zunehmende­r Spieldauer an Gradlinigk­eit gemangelt hatte. Sie waren aber nicht die Einzigen. „Noch ein Schnörkel und noch ein Haken“, kritisiert­e der Coach. Auf diese Weise waren viele aussichtsr­eiche Angriffssi­tuationen verpufft. Das kostete Tore.

Weniger ist mehr. So lautet die Botschaft von Schultz am Tag danach und vor den letzten sieben Saisonspie­len. „Die Mischung aus besonderen Aktionen und einfachen Sachen muss stimmen.“Schultz bescheinig­t Kyereh und Marmoush „Extraklass­e“, es gelte aber auch, „in den Basics hervorrage­nd“zu sein. Daran könne und müsse man arbeiten. Und: „Omar muss im Risiko-Management noch ein paar Schritte gehen.“

Der Coach holt die Überfliege­r auf den Boden zurück. Einschränk­en will er sie nicht, sondern die Spielfreud­e in geregelter­e Bahnen lenken, damit die hochveranl­agten Kicker sie zielgerich­teter und letztlich effiziente­r einsetzen. Bei aller Kritik stellt Schultz aber klar: „Es macht Spaß, mit den Jungs zu arbeiten.“

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