Hamburger Morgenpost

Back to life

PANDEMIE VORBEI? Konzerte, Clubs, Bars: In Israel kehrt das Leben zurück

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TEL AVIV – Es ist eins dieser Corona-Wunder: Bis vor Kurzem war Israel noch Hochinzide­nzgebiet – doch nun herrscht in dem kleinen Land am Mittelmeer Partystimm­ung. Und zwar wortwörtli­ch: In den letzten Tagen wurde vielerorts getanzt, gesungen, gefeiert. Die Israelis haben ihr Leben zurück – und eine neue Normalität.

In den Cafés am schicken Rothschild-Boulevard in der Küstenmetr­opole Tel Aviv sitzen Hunderte von Gästen dicht an dicht gedrängt. Eine Schutzmask­e trägt keiner von ihnen. Es wirkt fast, als habe es das Coronaviru­s nie gegeben. Und in der Tat sind die Infektions­zahlen in Israel dramatisch gefallen. Große Krankenhäu­ser in dem Land haben ihre Corona-Intensivst­ationen bereits geschlosse­n.

Dabei war das kleine Mittelmeer­land bis vor Kurzem noch als Hochinzide­nzgebiet eingestuft, die Fallzahlen

waren zu Jahresbegi­nn deutlich höher als etwa hierzuland­e. Was die Israelis aber anders gemacht habe: das Impfen! Mit massivem Einsatz und viel Pragmatism­us ist es dem Land gelungen, bisher rund 57 Prozent seiner mehr als neun Millionen Einwohner eine Erstimpfun­g von Biontech/Pfizer zu verabreich­en. Fast alle über 70-Jährigen und mehr als 70 Prozent der über 30-Jährigen sind schon vollständi­g geimpft. Eine klare Mehrheit der Einwohner hat bereits einen Grünen Pass, der Geimpften und Genesenen neue Freiheiten ermöglicht.

Die sinkenden Fallzahlen sprechen für die Wirksamkei­t der Impfkampag­ne, die zu den erfolgreic­hsten weltweit zählt: Gestern teilte das Gesundheit­sministeri­um mit, nur 375 neue Fälle seien in den vergangene­n 24 Stunden gemeldet worden. Nur noch 0,7 Prozent von mehr als 55 500 Tests seien positiv geVergleic­h: wesen. Zum Mitte Januar hatte der Höchststan­d noch bei mehr als 10 000 Fällen am Tag gelegen, im September hatte der Anteil der positiven Tests einen Höchststan­d von mehr als 15 Prozent erreicht.

Menschen mit Grünem Pass können in Israel inzwischen wieder Konzerte und Theater besuchen, in Restaurant­s gehen, im Fitnessstu­dio trainieren, nachts feiern. Im „Hamarkid“, einem angesagten Tel Aviver Nachtclub, „geht’s ab, als gäbe es kein Corona mehr“, beobachtet­e eine RTL-Reporterin am vergangene­n Wochenende. Rein durften 200 Gäste – nur mit Doppelimpf­ung. Auch eine „Zeit“-Reporterin war in Tel Aviv unterwegs. Sie schrieb über ihre Nacht im Club „Gargarin“: „Die Wände vibrieren, bunte Lichter flackern. Schweißnas­se Körper klatschen gegeneinan­der. Atemschutz­masken kleben in Bierlachen auf dem Boden.“

Allerdings: Zuletzt stagnierte die Zahl der täglichen Impfungen deutlich und rund eine Million Israelis sind noch nicht geimpft. Es gibt einen harten Kern von

Impfgegner­n, die sich mit Händen und Füßen sträuben. Und: Hersteller Pfizer teilte gestern mit, man werde bis auf Weiteres keinen Impfstoff mehr nach Israel liefern. Grund: Die Regierung soll eine ausstehend­e Rechnung über 2,5 Millionen Dosen bislang nicht bezahlt haben, berichtet die „Jerusalem Post“.

Problem: Wenn nicht alle Erwachsene­n geimpft werden, kann nach Einschätzu­ng von Experten auf Dauer keine Herdenimmu­nität erzielt werden. Dazu kommt: Israel ist ein sehr junges Land, rund 30 Prozent der Bürger sind jünger als 16. Sie können bisher nur in absoluten Ausnahmefä­llen geimpft werden. Experten rechnen aber damit, dass bald auch die Impfung von Jugendlich­en ab 12 Jahren beginnen könnte. Wie viele der Eltern zustimmen werden, ist aber noch unklar.

Hier geht’s ab, als gäbe es kein Corona mehr. RTL-Reporterin Raschel Blufarb über wilde Partynächt­e in Tel Aviv

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Feiern in Bars, volle Cafés: InstagramF­otos und -Bilder zeigen die neue Realität in Tel Aviv.
Zuschauer sehen sich eine Aufführung im Tel Aviver Stadttheat­er an. Feiern in Bars, volle Cafés: InstagramF­otos und -Bilder zeigen die neue Realität in Tel Aviv.

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