Hamburger Morgenpost

Interview Sir Tom Jones („Sexbomb“) über sein neues Album

ALBUM Tom Jones blickt mit 80 Jahren zurück auf seine Karriere – und bringt neue Musik raus

- Von KATJA SCHWEMMERS

Sir Tom Jones ist bester Laune, als er von seinem Wohnzimmer in London aus via Zoom aus seinem Leben erzählt.

Dass er im vergangene­n Jahr 80 wurde, merkt man ihm nicht an. Als Coach der britischen Castingsho­w „The Voice“stellt der Waliser regelmäßig seine kraftvolle Stimme zur Schau. Hits wie „It’s Not Unusual“, „Delilah“und „What’s New Pussycat?“verdankt er seinen Weltruhm. Auch sein neues Album „Surrounded By Time“ist kein müdes Alterswerk: Die schmissige Northern-Soul-Nummer „Hole In My Head“weckt Erinnerung­en an so manche Tanzeinlag­e von Mr. Sexbomb. Im Interview erzählt Jones, wie er den Tod seiner Frau verkraftet­e, welche Inschrift sein Grabstein zieren soll, wie er den Sprung zum seriösen Künstler schaffte, und was er mit Fledermäus­en gemeinsam hat.

MOPO: Jahrzehnte­lang waren Sie für die Öffentlich­keit der Tiger und Mr. Sexbomb. Ihr neues Album ist sehr tiefgründi­g. Wollen Sie Ihr Image korrigiere­n?

Tom Jones: Ja, aber das habe ich über die Jahre immer wieder getan. Das Image entstand durch meine Liveshows in den 60 ern und 70 ern. Weil ich als junger Bursche sexy auf der Bühne war und ordentlich Feuer in den Hüften hatte, hat es alles überstrahl­t. Mein Image wurde größer als mein Talent. Meiner Stimme hatte ich es zu verdanken, überhaupt in die Position zu kommen, solche Auftritte machen zu können. Aber das Popstar-Ding übertrumpf­te meinen Gesang. Und das ist ein Problem, dem du dich stellen musst. Wie sind Sie dem begegnet?

Nun, ich hatte das Glück, die 60er überlebt zu haben, also fragte ich mich: „Moment, warum bin ich noch mal hier? Warum hat Gott mich an diesen Ort gebracht? Warum hat er mir diese Stimme gegeben? Was stelle ich damit an ?“Ich sagte mir :„ Übertreibe es nicht auf der Bühne mit dem Sexappeal! Gehe nicht leichtsinn­ig mit deinem Talent um! Nimm es ernst, wenn du singst!“Das ist es, worauf ich mich zunehmend konzentrie­rte im Laufe der Jahre. Sie wurden seriös?

Wenn ich an die Nummer „Kiss“denke, die ich 1988 mit The Art Of Noise herausbrac­hte, war die schon merklich kultiviert­er. Statt offener Hemden und enger Hosen trug ich einen schwarzen Anzug, darunter einen Rollkragen­pulli, und dunkle Brillenglä­ser. Ich bewegte mich nicht mehr ganz so wild, es ging eher darum, den Inhalt des Songs stimmlich rüberzubri­ngen. Dieses Album jetzt konzentrie­rt sich wirklich auf bedeutungs­volle Songs, die ich über Jahre gesammelt habe. Jeder davon ist sehr wichtig für mich. Sie sind wie mein Leben: Sie behandeln die verschiede­nen Aspekte davon.

Heute werden Popstars wie unter dem Mikroskop beäugt. Sind Sie froh, dass es in Ihrer wilden Zeit noch anders war?

Oh ja! Junge Musiker tun mir leid, die können nicht so frei leben wie wir damals. Die 60er mit den Rolling Stones und den Beatles wären wohl braver ausgefalle­n, wenn wir ständig unter Beobachtun­g gestanden hätten. Doch unsere Privatlebe­n waren immer noch unsere Privatlebe­n! Heutzutage stellen Entertaine­r auch das auf Twitter aus. Sie bieten ihr persönlich­es Leben der Öffentlich­keit an. Sie sammeln Social-MediaLikes statt Chart-Hits. Und das missfällt Ihnen?

Es ist ein Marathon geworden, alles preiszugeb­en. Es ist längst ein Wettrennen, wer sich dort am meisten profiliert. Und es ist Teil des Systems. Es ist fast schon eine Umkehr von dem, wie wir früher fühlten. Ich habe immer versucht, mein Familienle­ben von meiner Karriere zu trennen. Es ist mir nicht immer gelungen.

Bis vor einigen Jahren lebten Sie auch noch in Los Angeles. Mittlerwei­le wohne ich in London direkt an der Themse. Es ist herrlich! Wenn ich morgens aufwache, ziehe ich

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Februar 1968: Jones feiert, dass er der Künstler mit den meistverka­uften Platten in England 1967 ist – acht Millionen Exemplare! 2021: geimpft, glücklich und noch immer gut bei Stimme

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