Ein Akkordeon-Koffer voller Scheine
ALSTERDORF Ganoven nutzten Sicherheitsmängel bei Geldtransport für Diebstahl. Verhaftung zu Weihnachten
Die Panzerwagen konnte man über die Dachluke mit einem Besenstiel öffnen. Neue Mitarbeiter wurden ohne Überprüfung eingestellt und bekamen sofort einen scharfen Revolver in die Hand gedrückt: Die Rede ist von der Firma DST (Deutsche Sicherheitstransporte). Kein Wunder also, dass bei diesen „Sicherheitsstandards“Ganoven leichte Beute witterten. Am 19. Dezember 1972 kam es in Alsterdorf zum damals größten Gelddiebstahl der Hamburger Kriminalgeschichte. Drei Diebe erbeuten rund 860 000 Mark (430 000 Euro) und träumten von einem sorgenlosen Leben. Das währte dann allerdings nicht lange …
Um 9.40 Uhr bog das Panzerauto Nummer 1 wie jeden Morgen auf das Gelände Hindenburgstraße 138 ein. Hier befand sich der „Ceconetto“-Großmarkt. Zwei bewaffnete Geldboten betraten das Büro des Markts. Dort wartete schon der Betriebsleiter und übergab den Männern Einnahmen in Höhe von 500 000 Mark (250 000 Euro). 14 Minuten später waren die Wachleute wieder an ihrem gepanzerten Transporter. Doch das Fahrzeug der Marke Hanomag ließ sich mit Schlüsseln nicht mehr öffnen. Alle Türen waren blockiert. Um 9.55 Uhr lösten die Männer Alarm aus. 16 Peterwagen rasten herbei, die Beamten riegelten das Gelände ab. Mit einem Besenstiel (!) gelang es einem der Geldboten, das
„supersichere“Panzer-Au zu öffnen.
Sie stellten fest, dass zwei Leinensäcke mit 860000 Mark verschwunden waren. Dabei handelte es sich um die vorweihnachtlichen Einnahmen des Metro-Marktes in Lokstedt. Hier waren die Geldtransporteure zuvor gewesen. Kurios: Die Täter ließen 1,5 Millionen Mark in Geldbomben im Hanomag zurück – offenbar fehlte ihnen der Platz in ihrem Fluchtwagen.
Mit diesem Auto, einem Audi 100, waren die drei Täter zunächst zum Parkplatz von Metro in Harburg gefahren. Hier luden sie die Geldsäcke in einen auffälligen gelben VW-Bus. Später fuhr das Trio damit nach Rendsburg, kippte die Geldscheine in einen Akkordeonkoffer und vergrub die Beute in einem Waldstück. Hätte klappen können. Doch die Ganoven hatten nicht mit Götz Sitte gerechnet. Der erfahrene Kriminalhauptkommissar war Chef des Einbruchdezernats K331 und galt damals als beste Spürnase der Hamburger Kripo. Ihm war klar, dass Insider am Werk gewesen waren, der Panzerwagen zudem offenbar mit einem Nachschlüssel geöffnet worden war. Seine Leute gingen akribisch die Listen entlassener Angestellter der Werttransportfirma durch und stießen auf einen Manfred Bischoff. Der 25-Jährige war im Streit aus dem Unternehmen ausgeschieden und zuvor auf derselben Tour eingesetzt gewesen wie die jetzt überfallenen beiden Fahrer.
So legten Kripoleute den Angestellten einer bekannten Schlüsselfirma am Schulterblatt ein Foto von Bischoff vor und siehe da, der hatte einen Tag vor dem Diebstahl hier nachgefertigte Schlüssel abgeholt.
Es war inzwischen Weihnachten geworden, doch Götz Sitte, auch der „Terrier“genannt, ließ nicht locker. Der verdächtige Bischoff arbeitete inzwischen auf dem Kiez als Kellner und war befreundet mit Harald Malcus (30), dem Wirt des Lokals „Copa Cabana“an der Friedrichstra