„Wir hoffen auf einen Testlauf im Mai“
Der Chef des St. Pauli-Theaters über seine Wiedereröffnungspläne
„Wie ist die Lage?“heißt der (fast) tägliche Podcast der Gute Leude Fabrik und der Hamburger Morgenpost. Darin spüren wir tagesaktuellen Fragen nach – zu Wort kommen Macher, Musikerinnen, Models, Mütter und Politiker, genau wie Helfer, Schwestern, Schweißer, Freiberufler. Die Auswahl ist rein subjektiv, aber immer spannend und überraschend. Heute macht dies „Einer kommt, alle machen mit“möglich. Die Gespräche finden über das Telefon statt. In der aktuellen Folge spricht PR-Profi Lars Meier mit Thomas Collien vom St. Pauli-Theater und dem Hansa-Varieté. Lars Meier: Herr Collien, Sie haben Konzepte zum Schutz der Besucherinnen, aber die Bühnen sind seit vielen Monaten leer. Wie ist die Lage?
Thomas Collien: Wir hoffen jetzt auf einen Testlauf, der wahrscheinlich im Mai stattfinden wird. Wir gehören zu den ausgewählten Privattheatern, die dabei sind und mit getesteten Personen im St. Pauli-Theater eine Vorstellung geben können. Das soll mit der Stadt zusammen dann ausgewertet werden. Wo wir bereits Abstands- und Hygienekonzepte umgesetzt haben, können Leute, die getestet sind oder ihre Zweitimpfung bereits bekommen haben, bei uns rein. Das wird danach wissenschaftlich ausgewertet und für andere zur Verfügung gestellt, die an diesem Modellprojekt nicht teilnehmen.
Vereinfacht gesagt lässt man sich auf dem Spielbudenplatz testen und geht ins Theater, wo aber nicht jeder Platz belegt ist?
Richtig, es sind maximal 50 Prozent der Plätze belegt, wenn nicht sogar weniger. In der Vergangenheit waren es 140 von rund 500 Plätzen. Sicherlich kann man sich auch auf dem Spielbudenplatz testen lassen, wir werden aber auch selbst etwas anbieten.
Was treibt Sie an? Mit 140 Gästen ist ja kein Geld zu verdienen.
Mein Antrieb ist, die Leute zu überzeugen, dass es hier sicher ist und sie sich hier sicher fühlen können. Auch die Politik zu überzeugen, dass die systemrelevanten Kulturbetriebe in der Lage sind, sicher Theater zu spielen, bevor diese Pandemie beendet ist.
Wie läuft das mit den Schauspielerinnen? Beginnt man dann mit einem Stück, das in den Köpfen der Schauspieler fest drin ist, oder mit einfachen Sachen?
Wir haben Produktionen, die kurz vor der Premiere standen, aber noch nicht stattfanden. Die sind also fertiggeprobt und können relativ kurzfristig mit sogenannten Wiederaufnahmeproben auf die Bühne gebracht werden. Wir haben auch gerade einen wunderbaren Liederabend über die Pandemie von Franz Wittenbrink, der sich humoristisch mit diesem Thema auseinandersetzt. Der steht praktisch auf Stand-by. Den können wir jederzeit zünden. Damit wollen wir auch anfangen.
Das Hansa-Varieté hat im Sommer eh nicht auf. Geht es da erst im Herbst wieder los?
Wir hatten im Hansa-Varieté „Cabaret“als Inszenierung des St. Pauli-Theaters gespielt, die wir erst mal auf nächsten März verschoben haben. Ob die nächste Hansa-Varieté-Premiere im Herbst so stattfindet, wage ich noch nicht zu sagen. Das werden wir spätestens im August entscheiden. Da kommen noch ein paar erschwerende Faktoren hinzu. VarietéNummern lassen sich einzeln gut darbieten, das ist nicht das Problem. Aber wie bekomme ich die internationalen Künstler nach Hamburg? Dürfen die reisen? Müssen sie in Quarantäne? Das ist bei sechs bis acht verschiedenen Nationalitäten auf der Bühne nicht ganz unkompliziert.
Wie hat sich Ihr Arbeitsalltag verändert? Verfolgen Sie vor allem die Nachrichten oder haben Sie damit zu tun, Ihr Team zu motivieren?
Wenn mein künstlerischer Partner Ulrich Waller und ich die Motivation verlieren, ist es schlecht. Aber wir sind noch guter Dinge. Unser Motto ist ein bisschen abgewandelt der Jan-Delay-Song: „Auf St. Pauli brennt bald wieder Licht“. Davon sind wir auch fest überzeugt.
Sie haben die Nummer 40 im „Team Hamburg“-Paninialbum. Wie ist das, in so einem Album zu stehen?
Das ist ein wunderbares Projekt, mit dem man viel helfen kann. Man fühlt sich da auch schon etwas gebauchpinselt. Auch im St. Pauli-Theater wird
„Einer kommt, alle machen mit“aufgezeichnet. Es kommen nur nationale Künstler. Wenn Sie sich einen internationalen Star wünschen dürften, wer wäre es?
Katy Perry oder Madonna wären mal ein Ansatz hier auf St. Pauli.
Warum sollte Madonna im St. Pauli-Theater auftreten?
Es ist ein heiliger Platz mit einem heiligen Namen.
Viele haben in der Pandemie krude Hobbys wieder hervorgeholt. Wobei erwischt man Sie in einer ruhigen Stunde?
Urlaubsplanung für Urlaub, der zurzeit nicht möglich ist. Das ist derzeit mein Hobby.
Wo wünschen Sie sich hin?
Überall! Nach Namibia genauso wie in die Toskana oder meinetwegen auch Mallorca. Wenn die Inzidenzen runtergehen und wir wieder reisen können, werde ich ordentlich Urlaub nachholen.
Wo treibt es Sie hin, wenn alles wieder auf ist? Nord- oder Ostsee?
Nordsee. Ich bin für rauere Gefilde. Und es treibt mich in jegliche Restaurants, die ich unterstützen kann, indem ich viel Geld für Wein und Speisen ausgebe.
Was wäre Ihr Tipp an die Politik, die ja hinreichend kritisiert wurde?
Besser machen, anders machen. Und wenn Sie mich jetzt noch nach der Wahl im September fragen: Die haben alle so eine schlechte Performance abgegeben, dass ich momentan überhaupt nicht sagen kann, in welche Richtung ich tendiere.
Wie zufrieden sind Sie mit der Hamburger Politik?
Ich bin sehr mit dem Kultursenator zufrieden, der immer da war und Öffnungsszenarien mit uns durchdacht hat. Ohne mich einschleimen zu wollen, möchte ich sagen, wir sind da sehr gut dran mit einem Senator, der auch im Deutschen Bühnenverein sitzt und immer mit uns darüber nachdenkt, wie es weitergeht und wie man gemeinsam überleben kann.