Hamburger Morgenpost

Wer uns kennt, weiß, dass wir kein verrücktes, sondern ein ganz normales Familienle­ben haben.

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SAN DIEGO – Für ihre drei Väter in Kalifornie­n hat die dreieinhal­bjährige Piper drei verschiede­ne Namen. Alan Mayfield ist „Dada“, Jeremy Hodges hört auf „Daddy“und er sei „Papa“, erzählt Ian Jenkins über ihre blond gelockte Tochter. Piper hat zudem zwei Mütter: eine enge Bekannte des Trios, Meghan, spendete die Eizelle, eine Leihmutter brachte das Mädchen im August 2017 zur Welt. Was diese ohnehin besondere Familie einzigarti­g macht: Alle drei Männer, die als „Throuple“seit über acht Jahren ohne Trauschein in einer polyamourö­sen Beziehung leben, sind offiziell als Väter auf Pipers Geburtsurk­unde eingetrage­n.

Der Weg dorthin war komplizier­t. Jenkins, Medizinpro­fessor an der Universitä­t San Diego, hat die juristisch­e Odyssee in dem kürzlich veröffentl­ichten Buch „Three Dads and a Baby: Adventures in Modern Parenting“(etwa: Drei Männer und ein Baby: Abenteuer moderner Elternscha­ft) aufgeschri­eben. Mit Humor schildert er die Erlebnisse junger Eltern, mit Windelpann­en und schlaflose­n Nächten, dazu der mühsame, teure Weg mit künstliche­r Befruchtun­g, das Hin und Her mit einem Team von Anwälten und die vielen rechtliche­n Hürden. Nun steht das Trio plötzlich im Rampenlich­t, tritt in Talkshows auf und macht sich für die Akzeptanz nicht traditione­ller Familien stark. Die in Deutschlan­d verbotenen

Leihmutter­schaften sind in den meisten US-Bundesstaa­ten legal, aber die Anerkennun­g von drei oder mehr Eltern ist der Ausnahmefa­ll, erst recht, wenn es drei Väter sind. „Wir sind untypisch“, räumt Jenkins ein. „Aber wer uns kennt, weiß, dass wir kein verrücktes, sondern ein ganz normales Familienle­ben haben. Wir lieben unsere Kinder und erziehen sie zu unabhängig­en und verantwort­ungsvollen Menschen.“Als Aktivisten sehen sich die drei Männer nicht. „Uns geht es einzig um den Schutz unserer Kinder“, sagt Jeremy. „Sie sollen abgesicher­t sein, wenn einem ihrer Väter etwas zustößt.“Ohne rechtlich anerkannte Elternteil­e hätten die Kinder etwa keinen Anspruch auf deren Pension oder Krankenver­sicherung.

Eine Richterin in San Diego war zunächst skeptisch, das Trio vor Pipers Geburt

als rechtmäßig­e Eltern anzuerkenn­en. Sie habe Sorge gehabt, einen Präzedenzf­all zu schaffen, erzählt Alan. Doch die drei Männer trugen vor Gericht ihr ungewöhnli­ches Anliegen vor. „Ohne unser persönlich­es Vorspreche­n hätte sie bestimmt anders entschiede­n“, davon ist der Psychiater überzeugt. Piper hat inzwischen auch ein Brüderchen: Parker wurde im Juni 2019 von einer Leihmutter geboren. Mit Meghan als Eizellensp­enderin haben die Halbgeschw­ister dieselbe Mutter. Der Junge ist biologisch Alans Sohn, während Piper mit der Samenspend­e von Jeremy erzeugt wurde. Anders als zuvor bei Piper gaben die Behörden dem „Throuple“für Parkers Dreier-Geburtszer­tifikat gleich grünes Licht.

„Kalifornie­n ist in so vielen Dingen ein Vorreiter, etwa im Klimaschut­z oder in politische­n Initiative­n“, sagt Ian. Sie hofften, dass ihr Vorbild weltweit etwas bewirken könne. Es helfe zudem, dass sie wirklich keine schrägen Sonderling­e seien, mit Totenkopf-Tätowierun­gen im Gesicht, witzelt Ian. „Wir haben alle gute Jobs, eine sehr stabile Familie und gehen total in unseren Kindern auf.“Jeder helfe zu Hause mit, „bei allem, was anfällt, von Fläschchen geben bis Windeln wechseln“, sagt Alan. Dazu habe jeder Dad besondere Stärken: „Jeremy ist Meister im Frisieren, ich bin oft zum Trösten da, Ian ist immer für Aktivitäte­n zu haben.“Die biologisch­e Mutter sei viel mehr als nur Eizellensp­enderin. Sie wohne an der US-Ostküste, nehme aber mit Besuchen und über Videotelef­onate an dem Leben von Piper und Parker teil.

Die beiden Kinder würden mit der ungewöhnli­chen Familienko­nstellatio­n ganz normal umgehen, sagt das Trio. Sie habe etwas von Mommy Meghan und ein bisschen von Daddy Jeremy, erklärt der Tierpflege­r über seine Tochter Piper. „Natürlich weiß sie, dass unsere Familie anders ist, aber im Kindergart­en erzählt sie stolz, dass sie drei Väter und nicht nur zwei Elternteil­e hat“, sagt Jeremy.

Vater Ian Jenkins

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Ian Jenkins, Alan Mayfield und Jeremy Hodges (von links) mit Baby Piper kurz nach der Geburt im August 2017

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