Infektionsrate im Stadtteil zu hoch
In anderen Bundesländern werden Regionen mit hohen Inzidenzen bereits bevorzugt mit Impfstoff versorgt – die Poliklinik Veddel fordert das jetzt auch für ihren Stadtteil. Denn in keinem anderen Hamburger Stadtteil sind die Corona-Zahlen so hoch wie hier.
Sozial benachteiligte Viertel sind offenbar stärker von der Pandemie betroffen. Das zeigen aktuelle Auswertungen der Infektionszahlen vom „Hamburg Journal“: Demnach steckten sich in vielen Stadtteilen mit eher geringer Kaufkraft im Schnitt doppelt oder sogar dreimal so viele Menschen an wie in besser situierten Stadtteilen. Auch die Veddel ist davon betroffen.
„Das kommt für uns nur wenig überraschend. Die Menschen auf der Veddel leben in beengten Wohnverhältnissen, haben keine Möglichkeit zum Homeoffice und sind auf den öffentlichen Nahverkehr angewiesen. All das führt zu einer deutlich stärkeren Exposition“, sagt Tina Röthig, Sozialarbeiterin in der Klinik. „Die Poliklinik Veddel fordert deshalb eine Impfoffensive für die Veddel, die es allen Bewohner:innen der Veddel zeitnah und unbürokratisch ermöglicht, eine Impfung zu bekommen“, heißt es in einer Mitteilung.
Auch die Wahrscheinlichkeit für schwere Verläufe sei auf der Veddel höher als woanders. Poliklinik-Arzt Jonas Fiedler erklärt: „Wie der
Morbiditäts-Atlas für Hamburg unmissverständlich zeigt, sind die Menschen auf der Veddel und in vergleichbaren Stadtteilen deutlich kränker als in besser gestellten Stadtteilen. Das erhöht natürlich das Risiko eines schweren Verlaufs.“
Klinikmitarbeiter erklären sich dazu bereit, die Organisation eines Impfzentrums in Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsamt selbst zu übernehmen. „Durch unsere gute Vernetzung und Vertrauensbasis im Stadtteil können wir dann entscheidend dazu beitragen, dass sehr schnell sehr viele Menschen hier eine Impfung erhalten“, so Fiedler.
Neben dem Impfzentrum in den Messehallen ist derzeit jedoch kein weiteres in Planung, teilte eine Sprecherin der Sozialbehörde auf MOPO-Nachfrage mit. „Wir setzen die Impfverordnung des Bundes um; eine prioritäre Impfung eines Stadtteils ist nicht vorgesehen“, heißt es. Die Priorisierung eines Stadtteils sei aufgrund des knappen Impfstoffes derzeit auch gar nicht möglich.