Risiko Arbeitsweg: Wieso es jetzt mehr Unfälle gibt
BILANZ Wegen Corona steigen mehr Menschen aufs Rad – das kann gefährlich sein
Die Zahl der bei Fahrradunfällen verletzten Personen ist im vergangenen Jahr in Hamburg deutlich gestiegen. Das hängt auch mit der Corona-Pandemie zusammen. Anstatt sich in Busse und Bahnen zu quetschen, nutzen die Menschen vermehrt das Zweirad, um von A nach B zu gelangen – das gilt auch für Pendler. Doch gerade in Großstädten ist der Arbeitsweg mit dem Fahrrad nicht ungefährlich.
Das verdeutlicht die aktuelle Verkehrsunfallbilanz der Hamburger Polizei. Zwar gab es 2020 insgesamt 15,6 Prozent weniger Verkehrsunfälle als 2019 – demnach sind in fast allen Bereichen die Verkehrsunfälle zurückgegangen. Allerdings stiegen die Unfälle mit Fahrradfahrern im Vergleich zum Vorjahr um 3,6 Prozent. Laut Polizei-Bilanz verunglückten 2020 bei 3668 Unfällen 2735 Radfahrer in Hamburg, was einen Zuwachs von 8,1 Prozent darstellt.
Die höhere Zahl der Fahrradunfälle scheint auch mit der Corona-Pandemie zusammenzuhängen. Um das Risiko einer Ansteckung mit dem Virus zu umgehen, schwingen sich immer mehr Menschen in Hamburg lieber auf den Sattel, anstatt sich in öffentliche Verkehrsmittel zu zwängen. So nahm beispielsweise der HVV im Jahr 2020 rund 250 Millionen Euro weniger ein als noch im Jahr zuvor.
Die deutlich sinkenden Fahrgastzahlen des ÖPNV sind vor allem auf FahrradPendler zurückzuführen. Das zeigen Daten des sozialen Netzwerks Strava. Demnach wuchs der als Pendlerstrecke aufgezeichnete Anteil der Wege im Jahr 2020 in Hamburg um 23,5 Prozent.
Diese Zahl ist zwar nicht repräsentativ, da vorwiegend jüngere und sportlich engagierte Menschen die StravaApp nutzen, jedoch verdeutlichen auch die Verkaufszahlen von Fahrrädern den Popularitätszuwachs des
Drahtesels. Nach Angaben des Zweirad-Industrie-Verbandes (ZIV) wurden 2020 über fünf Millionen Fahrräder in Deutschland verkauft und somit 16,9 Prozent mehr als noch im Jahr 2019.
Gerade E-Bikes erfreuen sich einer immer größer werdenden Beliebtheit. So betrug der Anteil der sogenannten Pedelecs am Gesamtabsatz 38,7 Prozent. Insgesamt wurden 2020 43,4 Prozent mehr E-Fährräder verkauft als im Vorjahr.
Gerade E-Bikes seien besonders attraktiv für Pendler, sagt auch Verkehrslobbyist Heinrich Strößenreuther dem „Spiegel“. „Sie kommen nicht nassgeschwitzt im Büro an, mit einem normalen Fahrrad wird das schwierig – vor allem an heißen Tagen.“Mit der elektrischen Tretunterstützung seien jedoch zwölf bis 15 Kilometer im Sattel zur Arbeit kein Problem mehr, so Strößenreuther.
Doch je schneller man unterwegs ist, desto höher ist das Unfallrisiko. Laut Statistischem
Bundesamt stieg die Zahl der getöteten PedelecFahrer im Jahr 2020 um 19,1 Prozent. Auch in Hamburg ist dieser Trend zu beobachten. Laut Polizei waren im vergangenen Jahr 278 Pedelec-Fahrer an Unfällen beteiligt – ein Zuwachs um 25,2 Prozent.
„Die seit der Corona-Krise neu entfachte Begeisterung für Rad- und PedelecFahren darf nicht in Rekordunfallzahlen münden“, mahnte der Bundesgeschäftsführer des Allgemeinen Deutschen FahrradClubs, Burkhard Stork, bereits Ende vergangenen Jahres. Die Radinfrastruktur müsse daher so schnell wie möglich an den steigenden Bedarf angepasst werden. Wenn es nach dem rot-grünen Senat geht, soll Hamburg ohnehin zur Fahrradstadt werden. Mit einem Anstieg des Radverkehrs um 33 Prozent im Jahr 2020 ist man diesbezüglich auf einem guten Weg – nun braucht es noch die entsprechende Infrastruktur.