„Auch auf Europa kommt ein Problem zu“
Experte Karl Lauterbach (SPD) warnt vor Eigenschaften von B.1.617
NEU-DELHI/BERLIN –
Ob die südafrikanische oder die britische: Seit Monaten sorgen Corona-Varianten für Aufsehen – und Verschlechterungen des Pandemie-Geschehens. Manche sind ansteckender, andere schmälern den Effekt von Impfstoffen. Eine in Indien entdeckte Mutante hat möglicherweise beide Eigenschaften. Was sagen Forscher? Wie gefährlich ist B.1.617?
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO), das Robert-Koch-Institut (RKI) und andere Experten bewerten die Variante B.1.617 derzeit zurückhaltend, SPD-Gesundheitsfachmann Karl Lauterbach jedoch wittert Gefahr. Er warnte auf Twitter vor der Mutante. „Da B.1.617 sich auch bei Impfung durchsetzen kann, kommt auch auf Europa ein Problem zu“, schreibt der SPD-Mann. Die Entwicklung bedeute eine besondere Gefahr für Deutschland, weil schon B.1.1.7 „über UK sehr schnell zu uns kam“. In Indien sind die Fallzahlen geradezu explodiert, mit zuletzt rund 270 000 registrierten Neuinfektionen pro Tag.
In Deutschland hält man sich ansonsten bedeckt, was die Variante B.1.617 angeht. Sie stehe derzeit unter Beobachtung, für eine Einstufung als „besorgniserregend“fehle bislang „die entsprechende Evidenz“, teilte eine RKI-Sprecherin mit. „In Deutschland sind insgesamt acht aus dem März stammende Sequenzen der Linie B.1.617 identifiziert worden.“
In Großbritannien wurden nach Angaben vom Sonntag 77 Fälle mit der indischen Mutante entdeckt. Es gebe keine Hinweise darauf, dass die Variante ansteckender sei als die bisher bekannten oder nicht auf Impfstoffe reagiere, hatte ein Kabinettsmitglied betont.
Die Variante trage zwei Mutationen an einem Oberflächenprotein, die von anderen unter Beobachtung stehenden Linien bekannt seien, erläuterte das RKI weiter. Beide würden „mit einer reduzierten Neutralisierbarkeit durch Antikörper oder T-Zellen in Verbindung gebracht, deren Umfang nicht eindeutig ist“.
Heißt: Möglicherweise könnten Geimpfte und Genesene vor einer Ansteckung mit dieser Variante weniger gut geschützt sein.
Auch bei den in Südafrika (B.1.351) und Brasilien (P.1) entdeckten Varianten wird diese Eigenschaft befürchtet. Beide hat die WHO als besorgniserregend eingestuft – als sogenannte „Variant of Concern“. Das gilt auch für die britische Mutante, die inzwischen auch in Deutschland dominiert.
B.1.617 steht bei der WHO bisher erst unter Beobachtung – als „Variant of Interest“. Als besorgniserregend gilt eine Variante, wenn bekannt ist, dass sie sich leichter ausbreitet, schwerere Krankheiten verursacht, dem Immunsystem entgeht, das klinische Erscheinungsbild verändert oder die Wirksamkeit der bekannten Instrumente verringert, wie eine WHO-Sprecherin erläuterte.