Klimawandel: Was Biden plant
2020 war heißestes Jahr.
BERLIN –
Corona ist nicht die einzige Katastrophe, mit der sich die Welt herumschlagen muss. Die Erhitzung des Klimas wird immer dramatischer. Nun unternimmt die Menschheit einen neuen Anlauf, die Treibhausgase zu reduzieren. In der ersten Reihe steht dabei nicht die ehemalige „Klimakanzlerin“Angela Merkel, sondern US-Präsident Joe Biden.
Das vergangene Jahr war für Europa das wärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Der Winter alleine lag um 3,4 Grad über dem Durchschnitt von 1980 bis 2010. Eine neue Initiative zur Begrenzung des Kohlendioxid-Ausstoßes weltweit geht aber nicht vom „alten Kontinent“aus, sondern kommt aus Washington: Biden hat 40 Staats- und Regierungschefs für Donnerstag und Freitag zu einem Video-Klimagipfel eingeladen. Und alle haben zugesagt, von Chinas Xi Jinping über Wladimir Putin bis hin zur deutschen Kanzlerin.
Biden hatte bereits im Wahlkampf versprochen, den klimapolitischen Kamikaze-Kurs seines Vorgängers zu beenden. Und nun will er liefern. Zuerst verfügte er die Rückkehr der USA in das Pariser Klimaabkommen, jetzt legte er ehrgeizige Klimaziele für die USA vor: Im Vergleich zu 2005 wollen die USA ihren CO2-Ausstoß halbieren, kündigte er an. Biden hat bereits Milliarden für staatliche Investitionen in erneuerbare Energien freigegeben. Bis 2050 will Washington eine „Netto-Null“erreichen. Die Amerikaner sind weltweit für 13 Prozent der Klimagase verantwortlich. Platz zwei unter den „Klimasündern“.
Weltweit stößt China am meisten CO2 aus. „China ist in Sachen Klimaschutz momentan eine Blackbox. Niemand weiß, wie sie ihre Ziele erreichen wollen“, sagt
Susanne Dröge von der Stiftung Wissenschaft und Politik der „SZ“. Im jüngsten Fünf-Jahres-Plan sei von ernsthaftem Klimaschutz wenig zu sehen. Peking hatte vage versprochen, „irgendwann vor 2030“den Punkt zu erreichen, ab dem die Emissionen sinken.
Dass Xi schon beim jetzigen Gipfel konkretere Zusagen macht, glauben Beobachter nicht. Aber es folgen noch eine Reihe internationaler Gipfel zur Erderwärmung in diesem Jahr. Unter anderem in Glasgow im November.
Und die USA werden den Druck aufrechterhalten. Biden hat Klimapolitik zu seinem zentralen Anliegen in der Außenpolitik erklärt. Es definiert die Erderwärmung als Bedrohung der nationalen Sicherheit. Deshalb hat er sogar einen Sonderbeauftragten ernannt: den ehemaligen Außenminister John Kerry. Dagegen scheinen die Bemühungen in Europa fast zu verblassen. Zwar behauptet Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD): „Europa ist in Sachen Klimaschutz Schrittmacher.“Tatsächlich hatte die EU am Mittwoch nur knapp eine Blamage abgewendet, indem sie sich auf ehrgeizigere Klimaziele einigte: Man will den CO2-Ausstoß bis 2030 um 55 Prozent unter den Wert von 1990 drücken. Bisher war das Ziel 40 Prozent. Gleichzeitig hat die Bundesregierung aber von 2017 bis 2020 noch Exporte im Bereich Kohle, Öl und Gas im Wert von 2,83 Milliarden Euro abgesichert, wie aus einer Kleinen Anfrage der Grünen hervorgeht.
Dabei ist klar: Nur wenn die größten Wirtschaftsmächte USA, Europa und China beim Klimaschutz vorangehen, werden andere Länder nachziehen.