Der Corona-Rohrkrepierer der TV-Stars
NETZ-BEBEN Deutsche Schauspieler veralbern CoronaMaßnahmen – die Rechten applaudieren
BERLIN – Unter dem Hashtag „allesdichtmachen“haben rund 50 deutsche Schauspieler auf bemüht ironische Art die Corona-Maßnahmen der Bundesregierung und die Berichterstattung kritisiert. Applaus kommt vor allem aus der rechten Ecke – Schauspielkollegen hingegen „schämen“sich. Und auch andere Prominente sind fassungslos.
Ein Beben geht durch’s Netz – aber nicht weil es auf den Intensivstationen der Krankenhäuser immer enger wird.
Grund der Aufregung ist eine Video-Aktion auf Instagram und YouTube: Künstler wie Jan Josef Liefers, Ulrich Tukur, Volker Bruch, Meret Becker, Ulrike Folkerts, Richy Müller, Heike Makatsch und viele weitere verbreiteten am Donnerstag schmerzhaft „ironisch-satirische“Clips mit teils kruden Statements zur Coronapolitik der Bundesregierung. Liefers kritisierte die Medien als unkritisch und gleichgeschaltet. Hinter der Aktion steht laut Impressum der Website „allesdichtmachen.de“Bernd Wunder. Laut Daniel Laufer, Journalist von „Netzpolitik“, soll er in der Vergangenheit bereits mehrfach mit verharmlosenden Äußerungen zur Corona-Pandemie aufgefallen sein.
Doch es dauerte nicht lange, da kaperten Schauspielkollegen und etliche andere Personen des öffentlichen Lebens den Hashtag #allesdichtmachen – und wandelten ihn in #allenichtganzdicht und #allesschlichtmachen um.
So auch „Jerks“-Star Christian Ulmen, der unter dem umgewandelten Hashtag in seiner Insta-Story knapp schreibt: „Heute bisschen für Kollegen schämen.“Unter dem Video von Liefers’ Medienkritik witzelt er: „Ken Jebsen hätte es nicht schöner sagen können“– Jebsen ist ein ehemaliger RBB-Journalist, der Verschwörungstheorien auf seinem YouTube-Kanal veröffentlicht. Schauspieler Elyas M’Barek kommentiert hingegen das Video seines Kollegen Volker Bruch mit: „Come on, das ist doch Blödsinn. (...) Mit Zynismus ist doch keinem geholfen.“
„Tatort“-Star Hans-Jochen Wagner nannte die Aktion peinlich, Schauspielerin Nora Tschirner warf den Machern der Clips Langeweile und Zynismus vor. Doch nicht nur Schauspieler, auch Satiriker Jan Böhmermann, Pianist Igor Levit oder der Moderator und Notfallsanitäter Tobi Schlegl kritisierten die Aktion scharf. Letzterer twitterte: „Die Schauspieler*innen von #allesdichtmachen können
sich ihre Ironie gerne mal
tief ins Beatmungsgerät schieben.“
Applaus gibt es vor allem von rechts – AfD-Politikerin Alice Weidel ist ganz aus dem Häuschen. Sie postete eine Grußkarte auf Twitter, auf der sie strahlt wie am Weihnachtsmorgen: „Hut ab vor Schauspieler Jan Josef Liefers und all jenen, die sich freiwillig der nun folgenden Hatz durch kritiklose Regierungsfans und Leitmedien ausgesetzt sehen.“Der frühere Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, nannte die Aktion auf Twitter „großartig“. Doch auch von der Bundesregierung gibt es Reaktionen: Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) äußerte Verständnis für die Aktion der Schauspieler und lud sie zu einem Gespräch ein. Er fände es schade, „wenn der Eindruck da wäre, dass es nicht auch kontroverse, abwägende Diskussionen gibt“. Manche der Schauspieler befinden sich jedoch bereits auf dem Rückzug. Meret Becker, Heike Makatsch und ihr Kollege Ken Duken distanzierten sich mittlerweile von der Aktion. Becker räumte ein, sie sei „nach hinten losgegangen“.
Doch so einfach können Liefers, Bruch, Makatsch und Co. ihren Kritikern nicht entwischen. Viele User finden klare Worte, einer schreibt: „Wow. Die Antwort der deutschen Kulturszene auf die Pandemielage ist also ein Haufen schwurbeliger Poetryslams auf Kreisliga-Niveau. Ihr seid so lost.“