Hamburger Morgenpost

Aktiv bleiben — auch in der Schwangers­chaft Risiken vermeiden

Positive Effekte für das Kind und den Geburtsver­lauf

- Von VERA KRAFT

Die positiven Effekte von Sport während der Schwangers­chaft sind enorm: für die Mutter und fürs Kind. Aber nur wenn man es richtig macht. Worauf es zu achten gilt und welche Risiken bestehen.

Lange Zeit hieß es, eine Frau solle sich während der Schwangers­chaft möglichst schonen. Doch die Ansicht ist überholt. Heutzutage weiß man um die günstigen Effekte, die Sport für die Schwangere, das Kind und den Geburtsver­lauf mit sich bringt. Allerdings ist nicht jede Bewegung und jedes Training gleicherma­ßen gut – und einige Sportarten sind No-Gos. Doch wenn gesundheit­lich nichts dagegen spricht – hier ist die regelmäßig­e Absprache mit der Ärztin oder dem Arzt entscheide­nd –, steht moderater Bewegung generell nichts im Wege.

Warum sich Sport lohnt

Eine Schwangers­chaft ist immer mit Risiken verbunden. Einige davon lassen sich durch Sport senken, erklärt die Gynäkologi­n und Sportmediz­inerin Susanne Weber. So könne man etwa übermäßige­r Gewichtszu­nahme, Schwangers­chaftsdiab­etes und Präeklamps­ie, besser bekannt als Schwangers­chaftsverg­iftung, vorbeugen. Auch das Thromboser­isiko lässt sich durch Bewegung verringern und gegen hormonell bedingte Wassereinl­agerungen helfen insbesonde­re Aquajoggin­g und Wassergymn­astik oder moderates Schwimmen. Zudem kommt das Herzkreisl­auf-System durch die Aktivitäte­n in Schwung, die Muskeln werden gut durchblute­t, Knochen und Gelenke bleiben mobil. Das Zwerchfell, unser wichtigste­r Atemmuskel, wird durch den Sport weiter trainiert.

Das helfe, die Belastung durch die Schwangers­chaft und durch die Geburt besser zu bewältigen, und sei außerdem wichtig für die Sauerstoff­versorgung des Kindes, erläutert Dörte Krauss, Dozentin für präund postnatale­n Sport. Doch Sport fördere nicht nur die gesunde körperlich­e Funktionsw­eise der Frau, sagt Marion Sulprizio, Diplom-Psychologi­n von der Deutschen Sporthochs­chule Köln. Auch die positiven psychologi­schen Auswirkung­en seien längst nachgewies­en. Schwangere, die sich regelmäßig bewegen, haben eine positivere Selbstwahr­nehmung und fühlen sich meist wohler.

Das richtige Trainingsm­aß

Wie der Trainingsp­lan einer Schwangere­n aussieht, hängt maßgeblich von der Vorerfahru­ng und Fitness sowie dem aktuellen Wohlbefind­en ab, sagt Frauenärzt­in Weber. Sportthera­peutin Krauss formuliert das richtige Trainingsm­aß so: „Einmal die Woche wäre toll, um die Vitalfunkt­ionen zu aktivieren, zweimal die Woche bis zu 60 Minuten Training wären noch besser und dreimal die Woche ist ambitionie­rt.“Nicht außer Acht lassen darf man die körperlich­en Veränderun­gen. Vor allem die hormonelle Umstellung in den ersten Schwangers­chaftswoch­en mache oftmals extrem müde, sagt Susanne Koene, Frauenärzt­in und Sportmediz­inerin aus Hamburg.

Was ist erlaubt, was ist tabu?

Wichtiger noch als die Trainingsb­elastung ist die Art und Weise der sportliche­n Betätigung. Dabei gilt: Selbst wenn der Bauch noch nicht stark gewölbt ist, „schwanger ist man ab Tag eins“, sagt Krauss. Um den Körper auf die Geburt vorzuberei­ten, sorgen die Schwangers­chaftshorm­one dafür, dass die Bänder und Sehnen weicher werden. In Kombinatio­n mit dem höheren Gewicht führt das zu einer Instabilit­ät der Gelenke und zu einem erhöhten Verletzung­srisiko. Sportarten wie Mountainbi­ken, Alpin-Ski und Boxen oder generell Kontaktspo­rtarten sollten daher möglichst vermieden werden. Das gilt auch für schnelles Laufen oder Springen und sogenannte HighImpact-Sportarten wie Squash oder Volleyball.

Wird der Beckenbode­n während, aber auch in den Monaten nach der Schwangers­chaft zu stark beanspruch­t, kann das zu Inkontinen­z oder anderen Langzeitfo­lgen führen. Und so ist die oft gehörte Empfehlung, in der Schwangers­chaft joggen zu gehen, keine gute Idee. Joggen sei „eine denkbar ungeeignet­e Sportart“für Schwangere sagt Weber. Zum Glück gibt es genug geeignete Alternativ­en. Allen voran Nordic WalWasserg­ymnasauch king und tik, aber Radfahren (für Geübte und in verUmgebun­g) kehrsarmer sowie Yoga und Pilates.

Wichtig sei dabei aber immer die richtige AusfühZwei­man rung – im fel lässt sich lieber profession­ell anleiten, rät Sulprizio. So sollte man etwa beim Krafttrain­ing die Gewichte deutlich reduzieren und dafür auf mehr Wiederholu­ngen setzen. Ein wichtiges Detail: Die geraden Bauchmuske­ln nicht isoliert trainieren. Außerdem ist es empfehlens­wert, im sogenannte­n aeroben Bereich zu trainieren, damit die Sauerstoff­zufuhr für das Kind bestehen bleibt und das Blut nicht übersäuert, sagt Sulprizio.

Das lässt sich einfach feststelle­n: Wenn man sich nebenbei unterhalte­n kann und am nächsten Tag keinen Muskelkate­r hat, war die Trainingsi­ntensität optimal. Hält man sich an die individuel­len Empfehlung­en von Expertinne­n und Experten, hört auf sein Körpergefü­hl und kontrollie­rt nebenbei seinen Puls beim Sport – die maximale Herzfreque­nz sollte je nach Alter und Fitnesszus­tand zwischen 135 und 150 liegen –, dann geht vom Sport fürs Ungeborene kein Risiko aus. Ganz im Gegenteil, sagt die Hamburger Gynäkologi­n Koene: „Durch die verbessert­e Stoffwechs­elsituatio­n der Mutter wird dem Baby der Weg für ein gesundes Leben bereitet.“

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Sanfte Sportarten wie Yoga können sich positiv auf die Schwangers­chaft auswirken.
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 ??  ?? Zweimal Sport in der Woche wären perfekt.
Zweimal Sport in der Woche wären perfekt.

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