Hamburger Morgenpost

Wegen Corona: Friseurin schließt Salon für immer

BARMBEK Viele Kunden sagen Termine wegen der Testpflich­t ab – Maria Saganowska gibt auf

- Von SAMIRA DEBBELER

Maria Saganowska hat sich vor neun Jahren einen Traum erfüllt: ihren eigenen Friseursal­on in Hamburg. Seitdem schneidet, tönt und färbt die leidenscha­ftliche Friseurin Haare der Hamburgeri­nnen und Hamburger in Barmbek. Die Corona-Pandemie erschwert ihr seit Monaten das Leben – deswegen macht die Friseurin nun einen richtigen Cut.

„Ich liebe meinen Laden und ich liebe meinen Beruf. Ich gehöre zu den wenigen, die grinsen, während sie Haare schneiden. Meinen Salon nun aufgeben zu müssen, zerreißt mir das Herz“, sagt Saganowska im Gespräch mit der MOPO.

Saganowska ist vor 35 Jahren von Polen nach Hamburg gezogen. Seitdem hat sie sich und ihren zwei Töchtern hier ein Leben aufgebaut – mit ihrem eigenem Friseursal­on. Seit Beginn der Pandemie lief es nicht mehr gut: Sie brauchte ihre Ersparniss­e auf, musste Personal entlassen, sie verlor Stammkunde­n. „Irgendwann musste ich sogar meine Töchter nach Geld fragen. Das kratzt natürlich an meinem Stolz. Mütter sollten ihre Kinder unterstütz­en können und nicht umgekehrt“, sagt die 57-Jährige.

Richtig schlimm wurde es schließlic­h, als die Testpflich­t eingeführt wurde. Stammkunde­n seien beleidigt gewesen und hätten Saganowska dafür verantwort­lich gemacht, dass sie ohne ein negatives Testergebn­is nicht frisiert werden konnten. „Es gab Tage, an denen konnte ich nur eine einzige Person frisieren, da alle anderen Kunden ohne ein Testergebn­is zum Termin erschienen sind. Ich musste sie wegschicke­n“, erklärt die Friseurin.

Bei der Handwerksk­ammer Hamburg laufen die Drähte heiß. „Wir haben ein enormes Aufkommen an Anrufen von Friseuren, die beklagen, dass viele Termine abgesagt werden. Hinzu kommt das Unverständ­nis darüber, dass auch zweifach Geimpfte nicht ohne Test kommen dürfen. Zu dem Thema setzt sich die Kammer auf politische­r Ebene für eine schnelle Lösung

ein“, sagt Christiane Engelhardt, Sprecherin der Handwerksk­ammer.

Während es in SchleswigH­olstein keine Testpflich­t gibt, sind die Kunden in Hamburg verpflicht­et, das negative Testergebn­is eines PCR-Tests (nicht älter als 48 Stunden) mitzubring­en. Oder sie können direkt vor dem Laden selber einen Schnelltes­t durchführe­n. Die Friseurinn­en müssen den Test „abnehmen“.

Wie das „Hamburger Abendblatt“berichtet, soll es viele Hamburger nach Schleswig-Holstein gezogen haben, um dort einen Friseurter­min wahrzunehm­en. Die Hamburger Friseure gehen stattdesse­n leer aus. Obermeiste­r Birger Kentzler, Verbandsvo­rsitzender der Friseur-Innung, ist besorgt. „Wenn es gängige Praxis bleibt, dass man sich in Hamburg testen muss, in umliegende­n Bundesländ­ern aber nicht, wird es bei uns in Zukunft 25

Prozent weniger Friseurbet­riebe geben.“

Die Corona-Pandemie hat Maria Saganowska­s Lebenstrau­m platzen lassen. „Ich werde Mitte

Mai zurück nach Polen gehen.

Nach 35 Jahren habe ich in

Hamburg keine Perspektiv­e mehr“, so die

57-Jährige. Sie werde in

Polen einen neuen

Salon eröffnen. Das Letzte, was sie wolle, sei von Hartz IV leben und insolvent sein. Deswegen fange sie woanders neu an.

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Die Corona-Pandemie hat Maria Saganowska­s Lebenstrau­m platzen lassen. Sie wird Deutschlan­d verlassen.
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