Hamburger Morgenpost

Chef-Styler mit Einpark-Schwäche

Zurück in Hamburg, mit neuem Album – und Führersche­in! Ahnma:

- Das Interview führte FREDERIKE ARNS eigentlich mal gehänselt?

Nächste Woche Freitag erscheint Jan Delays neues Album „Earth, Wind & Feiern“– ohne „Genre-Handschell­en“macht er darauf mit seiner Band Disko No. 1 Rap, Funk, Boogie, Ska, Reggae und mehr. Die MOPO traf den „Chefstyler“in einem Hamburger Hotel, um mit ihm übers Partymache­n, Selbstbewu­sstsein, Freiheit, seine Eltern, HamburgHei­mweh und Einparken in Ottensen zu sprechen.

MOPO: In Ihrem Albumtitel „Earth, Wind & Feiern“klingt es schon heraus: Partymache­n ist essentiell. Können Sie sich noch an Ihre letzte richtige Feier vor Corona erinnern?

Jan Delay: Ja, da haben meine gute Freundin Miss Leema und ich unsere Geburtstag­e – wir haben beide am 20. Februar – im Kleinen Donner nachgefeie­rt und dort auch aufgelegt. Wenn wir Corona überstande­n haben, will ich genau da auch wieder mit einer Party starten. Ich hoffe, es gibt den Club dann überhaupt noch ...

Gibt es bei Ihnen so was wie die legendärst­e Party aller Zeiten?

Da gibt es natürlich viele! Aber über die BambuleGol­d-Party oben auf dem Fernsehtur­m wird noch heute geredet. Das war die einzige Party, die dort je stattgefun­den hat, und gleichzeit­ig die letzte Gelegenhei­t, dass Zivilisten da hochdurfte­n. Wahnsinn, das ist schon 21 Jahre her!

Sie schwören auf Ihr Rhymebook, in das Sie alle Textideen schreiben. Wie lange steht der Albumtitel da schon drin?

Der war lange nur irgendwo an die Seite gekrickelt. Irgendwo, wo die Dinge noch ohne Zusammenha­ng stehen, aber einfach gute Ideen sind. Manchmal komme ich dann Jahre später wieder darauf zurück und stelle fest: Das wäre doch ein guter Titel! Da steht zum Beispiel auch so was wie „Ton, Scheine, derbe“– das könnte ich verwenden, falls ich irgendwann noch mal ein Label gründe. (lacht)

Gab es in Ihrem Leben eigentlich einen gewissen Punkt, an dem klar wurde: Ich habe ein besonderes Talent und damit werde ich mal was reißen?

Ich sehe mich auf keinen Fall als Wunderkind mit einer gewissen Gabe oder einem Talent und auch nicht als jemand, der irgendwas Krasses erreicht, erfunden oder andere Leute von etwas überzeugt hat – ich bin ein ganz normaler Mensch. Ich glaube aber, dass da ganz viel mit der Herkunft, dem Elternhaus, Freundeskr­eis und dem sich dadurch entwickeln­den Selbstbewu­sstsein zusammenhä­ngt. Wenn das da ist, ist das die halbe Miete. Das soll aber nicht heißen, dass jemandem, der Arschloch-Eltern hat, so was niemals gelingen kann. Jeder kann irgendetwa­s Besonderes leisten. Das kann sich auch nur aus einer kleinen Idee entwickeln, von der man dann aber so geflasht ist, dass man ihr zehn Jahre lang nacheifert. So was ist für jeden möglich! Das klingt jetzt etwas lustig, aber so ist es: Das ist wie der amerikanis­che Traum.

Wurden Sie wegen Ihrer Stimme

Der Einzige, der mich dahingehen­d gehänselt hat, war mein Vater. Wenn er von außerhalb anrief und ich am anderen Ende total nasal-quakig sagte „Eißfeldt!“, hat er mich nachgeäfft. Das waren aber auch die einzigen Momente, in denen ich gemerkt habe, dass ich irgendwie eine andere Stimme habe.

Einen Song widmen Sie der Dame auf dem Smartphone: „Alexa“. Was müsste sie aus Ihrer Sicht unbedingt können?

Auf einen Schlag alle Leute impfen, die Kriege beenden, das Klima retten, Plastik vernichten, die Waffenfabr­iken zerstören und das Geld von denen nach Afrika schicken. Das wünsche ich mir von Alexa! Bevor sie das nicht kann, kommt sie mir nicht ins Haus. (lacht) Im Alltag brauche ich keinen bescheuert­en Computer von Amazon, das schaffe ich alles selbst.

„Saxophon“handelt von Ihren Eltern – dass es bei Ihnen zu Hause statt einer Einbauküch­e eben das Saxophon Ihres Vaters gab. Hat Sie das früher nicht total genervt?

Klar. Ich bin ja in Eppendorf geboren und in dem alternativ­en Wohnprojek­t-Haus in der Haynstaße aufgewachs­en, aber meine Eltern haben mich jeden Tag eine halbe Stunde zum linken „Kinderlade­n“in Ottensen gefahren, der nicht viel gekostet hat. Dass es da keine Teppiche und keine Gardinen gab und dass alle Eltern irgendwas mit Kunst und Musik gemacht haben, war für mich total normal. Erst als ich in die Schule in Eppendorf gekommen bin, wo keiner mehr aus meinem „Kinderlade­n“oder meinem Haynstraße­n-Haus war, habe ich gesehen: Ach, so spießig leben die! Natürlich habe ich mich dann auch danach gesehnt. Aber das ist ja ganz normal: Du sehnst dich nach dem, was du nicht hast. Aber ich habe auch andere Sachen realisiert: Die haben alle Geld und ein schickes Zuhause, aber meine Eltern sind einige der wenigen, die noch zusammen sind. Und das in der ersten Klasse 1982! So lernt man schnell, alles ins Lot zu bringen.

Das Einparken mussmirDJ Mad unbedingt noch richtig beibringen!

Jan Delay (45) aus Ottensen

Sie machen nur das, worauf Sie Lust haben, und Sie haben auf vieles Lust. Ein paradiesis­cher Zustand.

Ja, das ist so herrlich, ich bin total frei! Früher habe ich mir noch „Genre-Handschell­en“angelegt und man hat immer diskutiert: „Nee, so können wir das doch nicht machen!“Das ist das schönste Gefühl, sich von diesen Handschell­en zu befreien. Das hätte natürlich auch nach hinten losgehen können und ich hätte mich total verzetteln können. Nicht Fisch, nicht Fleisch, was will er denn? Aber irgendwie ist es aufgegange­n. Denn eine Handschell­e gibt’s eben doch: Wir müssen alles immer dick machen. Wir programmie­ren fette Drums über ReggaeSong­s und über eine Boogie-Funk-Nummer wie „Eule“. Denn das Ziel ist immer, dass die Songs auch im Club aufgelegt werden können und da nicht abkacken. Das ist der rote Faden.

Sie haben länger in Berlin gewohnt und sind jetzt wieder zurück. In welchen Momenten haben Sie Hamburg in Berlin am meisten vermisst?

Um 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19, 20 und um 21 Uhr. Ich hatte total Heimweh!

Sie haben ja jetzt einen Führersche­in. Wie läuft das Einparken?

Immer noch scheiße. Rückwärts und vorwärts schräg geht. Aber parallel nie. Ich lande dann immer mit dem äußeren Rad auf der Straße. Ich schaffe das einfach nicht und verstehe nicht warum. Wenn jemand hinter mir ist, versuche ich es natürlich erst gar nicht. Ich wohne ja auch in Ottensen, da ist das ja auch besonders schlimm. Das muss mir DJ Mad unbedingt noch richtig beibringen!

„Earth, Wind & Feiern“erscheint am 21. Mai bei Universal.

 ??  ??
 ??  ?? Public-Enemy-Fans mit Masken und auf Abstand: Jan Delay und MOPOP-Redakteuri­n Frederike Arns
Public-Enemy-Fans mit Masken und auf Abstand: Jan Delay und MOPOP-Redakteuri­n Frederike Arns

Newspapers in German

Newspapers from Germany