Hamburger Morgenpost

Ich wollte das Café nicht einfach aufgeben. Corona wird auch irgendwann vorbei sein und bis dahin heißt es: Durchhalte­n.

- Von MARINA HÖFKER

Während viele gastronomi­sche Betriebe wegen der Pandemie ums Überleben kämpfen oder gar schließen müssen, wagen einige eine Eröffnung mitten im Lockdown – und lassen sich dabei nicht von Unsicherhe­iten und Ängsten abhalten. Drei Neueinstei­ger erklären, warum sie gerade jetzt ihren Restaurant-Traum verwirklic­ht haben.

Mitten am Schulterbl­att in der Schanze liegt das „Ristorante da David“. Aus dem Laden klingt italienisc­he und portugiesi­sche Musik, Passanten bleiben neugierig stehen. Die Lage ist eigentlich perfekt. „Viel besser geht es, glaube ich, nicht“, sagt Betreiber David Silva. Wäre da nicht die Corona-Pandemie.

Ein Leben ohne Gastronomi­e kennt der 21-Jährige nicht. „Meine ganze Familie hat in der Branche gearbeitet, mein Großvater und mein Onkel hatten eigene Restaurant­s“, sagt er. Er selbst habe bereits mit 15 Jahren regelmäßig ausgeholfe­n, sich nach der Schule ganz der Gastronomi­e gewidmet.

Zu dem Laden am Schulterbl­att, in dem auch zuvor schon ein italienisc­hes Restaurant gewesen ist, hat Silva

eine emotionale Verbindung. „Mein Vater hat hier gearbeitet – bis zu seinem Tod. Daher kannte ich auch den Chef. Ich habe selbst ebenfalls zwischenze­itlich dort gearbeitet.“Als der damalige Betreiber keine Lust mehr auf die Branche hatte, fragte er David Silva, ob der nicht den Laden übernehmen wolle. Der 21-Jährige zögerte nicht lange und investiert­e sein ganzes Geld. „Es war keine Option aufzugeben. Ich dachte: Irgendwie muss ich das durchziehe­n.“

Zum 15. Oktober übernahm er das Lokal, wollte eigentlich zum 1. November öffnen. Mit Pizza und Pasta to go startete Silva aber erst Ende Februar. „Das Wetter war damals nicht so schön, deswegen lohnte sich das nicht“, erklärt er. Jetzt sei das Geschäft immer noch wetterabhä­ngig – doch es sei besser, als geschlosse­n zu haben. Unterstütz­ung bekommt er von Freunden aus der Gastronomi­e.

Auch Sebanur Ayhan hat sich mit der Eröffnung ihres eigenen Lokals einen Traum erfüllt. Das „Café June“eröffnete die 32-Jährige Anfang April am Bahrenfeld­er Steindamm in Bahrenfeld – als Quereinste­igerin. „Ich habe vorher Internatio­nales Management studiert, aber das war irgendwie nicht mein Ding. Den Wunsch, ein Café zu eröffnen und mich selbststän­dig zu machen, hatte ich schon länger“, erklärt Ayhan.

Eigentlich war der Traum vom eigenen Café noch Zukunftsmu­sik – doch dann fand sie plötzlich die perfekte Location. „Es hat einfach alles gepasst und meinen Vorstellun­gen entsproche­n.“Anfang Februar 2020 unterschri­eb sie den Vertrag – kurz vor der Pandemie. „Erst dachte ich: Was soll ich jetzt machen? Aber ich wollte das Café nicht einfach aufgeben. Corona wird auch irgendwann vorbei sein und bis dahin heißt es: Durchhalte­n“, so die 32-Jährige.

Einfach sei das bisher nicht. „An manchen Tagen ist gar nichts los. Vor der Tür ist gerade auch noch eine Baustelle“, sagt Sebanur Ayhan.

Mit Unterstütz­ung ihrer Eltern startete sie jetzt mit dem To-go-Geschäft und hofft, dass bald wieder mehr möglich sein wird.

Auch Nicole (53) und Nadyn Kern (43) haben kurzfristi­g ihr Konzept geändert und auf Take-away umgestellt. Zum 1. Dezember 2020 eröffneten die beiden Schwestern das „Jonny’s“im Eilbergweg in Großhansdo­rf – kurz bevor die Gastronomi­e wieder schließen musste. „Das war wirklich blöd, weil man uns ja noch gar nicht kannte“, sagt Nadyn Kern. Das mediterran­e Restaurant schwenkte auf Weihnachts­gänse um – das kam gut an.

Erfahrunge­n in dem Business haben beide, denn ihr Vater war kein Unbekannte­r in der Branche: Gastro-Legende Jonny Kern († 73) hatte das Fachwerkha­us in Großhansdo­rf zum Restaurant umgebaut und betrieben. Als der jüngste Pachtvertr­ag

auslief, mussten die Geschwiste­r eine Entscheidu­ng fällen. „Wir haben uns dann entschloss­en, es selbst zu machen“, sagt Nadyn Kern. Das „Jonny’s“ist für die beiden Schwestern ein Herzenspro­jekt. „Es ist schön zu sehen, dass wir sein Werk weiterführ­en können und als Familie zusammenha­lten.“

Sebanur Ayhan

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David Silva (21) hat in der Schanze sein „Ristorante da David“eröffnet.
 ??  ?? Nadyn Kern (43, r.) und Schwester Nicole Kern (53) betreiben gemeinsam das „Jonny’s“in Großhansdo­rf.
Nadyn Kern (43, r.) und Schwester Nicole Kern (53) betreiben gemeinsam das „Jonny’s“in Großhansdo­rf.

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