Ich wollte das Café nicht einfach aufgeben. Corona wird auch irgendwann vorbei sein und bis dahin heißt es: Durchhalten.
Während viele gastronomische Betriebe wegen der Pandemie ums Überleben kämpfen oder gar schließen müssen, wagen einige eine Eröffnung mitten im Lockdown – und lassen sich dabei nicht von Unsicherheiten und Ängsten abhalten. Drei Neueinsteiger erklären, warum sie gerade jetzt ihren Restaurant-Traum verwirklicht haben.
Mitten am Schulterblatt in der Schanze liegt das „Ristorante da David“. Aus dem Laden klingt italienische und portugiesische Musik, Passanten bleiben neugierig stehen. Die Lage ist eigentlich perfekt. „Viel besser geht es, glaube ich, nicht“, sagt Betreiber David Silva. Wäre da nicht die Corona-Pandemie.
Ein Leben ohne Gastronomie kennt der 21-Jährige nicht. „Meine ganze Familie hat in der Branche gearbeitet, mein Großvater und mein Onkel hatten eigene Restaurants“, sagt er. Er selbst habe bereits mit 15 Jahren regelmäßig ausgeholfen, sich nach der Schule ganz der Gastronomie gewidmet.
Zu dem Laden am Schulterblatt, in dem auch zuvor schon ein italienisches Restaurant gewesen ist, hat Silva
eine emotionale Verbindung. „Mein Vater hat hier gearbeitet – bis zu seinem Tod. Daher kannte ich auch den Chef. Ich habe selbst ebenfalls zwischenzeitlich dort gearbeitet.“Als der damalige Betreiber keine Lust mehr auf die Branche hatte, fragte er David Silva, ob der nicht den Laden übernehmen wolle. Der 21-Jährige zögerte nicht lange und investierte sein ganzes Geld. „Es war keine Option aufzugeben. Ich dachte: Irgendwie muss ich das durchziehen.“
Zum 15. Oktober übernahm er das Lokal, wollte eigentlich zum 1. November öffnen. Mit Pizza und Pasta to go startete Silva aber erst Ende Februar. „Das Wetter war damals nicht so schön, deswegen lohnte sich das nicht“, erklärt er. Jetzt sei das Geschäft immer noch wetterabhängig – doch es sei besser, als geschlossen zu haben. Unterstützung bekommt er von Freunden aus der Gastronomie.
Auch Sebanur Ayhan hat sich mit der Eröffnung ihres eigenen Lokals einen Traum erfüllt. Das „Café June“eröffnete die 32-Jährige Anfang April am Bahrenfelder Steindamm in Bahrenfeld – als Quereinsteigerin. „Ich habe vorher Internationales Management studiert, aber das war irgendwie nicht mein Ding. Den Wunsch, ein Café zu eröffnen und mich selbstständig zu machen, hatte ich schon länger“, erklärt Ayhan.
Eigentlich war der Traum vom eigenen Café noch Zukunftsmusik – doch dann fand sie plötzlich die perfekte Location. „Es hat einfach alles gepasst und meinen Vorstellungen entsprochen.“Anfang Februar 2020 unterschrieb sie den Vertrag – kurz vor der Pandemie. „Erst dachte ich: Was soll ich jetzt machen? Aber ich wollte das Café nicht einfach aufgeben. Corona wird auch irgendwann vorbei sein und bis dahin heißt es: Durchhalten“, so die 32-Jährige.
Einfach sei das bisher nicht. „An manchen Tagen ist gar nichts los. Vor der Tür ist gerade auch noch eine Baustelle“, sagt Sebanur Ayhan.
Mit Unterstützung ihrer Eltern startete sie jetzt mit dem To-go-Geschäft und hofft, dass bald wieder mehr möglich sein wird.
Auch Nicole (53) und Nadyn Kern (43) haben kurzfristig ihr Konzept geändert und auf Take-away umgestellt. Zum 1. Dezember 2020 eröffneten die beiden Schwestern das „Jonny’s“im Eilbergweg in Großhansdorf – kurz bevor die Gastronomie wieder schließen musste. „Das war wirklich blöd, weil man uns ja noch gar nicht kannte“, sagt Nadyn Kern. Das mediterrane Restaurant schwenkte auf Weihnachtsgänse um – das kam gut an.
Erfahrungen in dem Business haben beide, denn ihr Vater war kein Unbekannter in der Branche: Gastro-Legende Jonny Kern († 73) hatte das Fachwerkhaus in Großhansdorf zum Restaurant umgebaut und betrieben. Als der jüngste Pachtvertrag
auslief, mussten die Geschwister eine Entscheidung fällen. „Wir haben uns dann entschlossen, es selbst zu machen“, sagt Nadyn Kern. Das „Jonny’s“ist für die beiden Schwestern ein Herzensprojekt. „Es ist schön zu sehen, dass wir sein Werk weiterführen können und als Familie zusammenhalten.“
Sebanur Ayhan