Der leise Start des wilden Walter
AUFTAKT Neuer Trainer legt los. „Wenn man immer nach hinten guckt, wird man langsamer“
Der Schweiß tropfte Tim Walter von der Stirn. Seine erste Trainingseinheit beim HSV hielt der 45-Jährige bei knackigen 30 Grad im Volkspark ab. 90 Minuten dauerte die Einheit, immer wieder unterbrach der 45-Jährige die Übungen, versammelte die Mannschaft. Anschließend verriet Walter, was er von seinen Spielern künftig erwartet.
„Vertrauen und Ehrlichkeit“, erklärte Walter, „sind die Kernpunkte. Pünktlichkeit, Disziplin und Respekt voreinander ebenfalls. Und, dass ich zuerst einmal den Menschen hinter dem Spieler kennenlerne.“In den vergangenen Wochen hat Walter bereits Kontakt zu den Spielern gehalten und sich sein erstes Bild gemacht.
Die vergangenen anderthalb Jahre ohne Job hätten ihn verändert, berichtet der neue HSV-Trainer. „In allen Bereichen. Man lernt ja nie aus. Dass man sich hinterfragt und man an Dingen arbeitet, ist wichtig.“Auf dem Trainingsplatz gab Walter direkt Vollgas, ließ gegen Ende sogar direkt ein Spielchen spielen – und die Verlierermannschaft mit Purzelbäumen über den Platz kraxeln. „Es ist ein tolles Gefühl, wieder auf dem Platz zu stehen, die Jungs zu erleben“, freute sich der Übungsleiter
Wegen der Corona-Pandemie waren nur eine Handvoll Fans im Volkspark – und so wurde es zum leisen Start des wilden Walter. In den kommenden Tagen wird die Trainingsintensität hoch gehalten, Doppeleinheiten gehören zur Tagesordnung. Walter will den HSV-Profis seine Spielidee einimpfen, führte immer wieder Einzelgespräche. „Dafür braucht es Vertrauen. Dafür muss ich die Spieler noch besser kennenlernen.“
Bis zum Ligastart am 23. Juni bleiben noch fünf Wochen. Fünf Wochen, in denen Walter das Maximum rausholen will – und dabei jeden Profi im ausgedünnten Kader mit einbezieht. Sportvorstand Jonas Boldt erklärte am Rande der Einheit noch einmal, wieso die Wahl in diesem Sommer auf Walter fiel: „Er legt auf drei Dinge extrem viel Wert: Mut, das Spiel mit – und gegen den Ball. Und das Gegenpressing war in der Vergangenheit nicht unsere Stärke.“
Das soll sich im vierten Jahr in der Zweiten Liga ändern. Unberechenbarer wollen sie werden. Walter soll es richten. Über seine Ziele hatte der Ex-Stuttgart-Coach schon bei seiner AntrittsPressekonferenz vor drei Wochen gesagt, dass er nicht Vierter werden möchte. Nach seiner Premiereneinheit erklärte er: „Wenn man immer nach hinten guckt, wird man langsamer und kann seine Ziele irgendwann nicht mehr erreichen.“Die Message ist klar: Es soll vorwärts gedacht werden im Volkspark. Walters Startschuss ist gefallen.
GRUPPE: Beim gestrigen Training waren auch Maximilian Rohr und Anssi Suhonen aus der zweiten Mannschaft dabei, zudem trainierte auch U19-Keeper Steven Mensah mit. SCHRAUBE: Jan Gyamerah und David Kinsombi trainierten individuell. Bei beiden wurden Schrauben aus zurückliegenden Operationen entfernt. Während Gyamerah, der am Freitag seinen 26. Geburtstag feierte, am Samstag wieder einsteigen soll, wird es bei Kinsombi noch ein paar Tage dauern.
TERMINE: In den kommenden Tagen bittet Tim Walter die Mannschaft jeweils zu zwei Trainingseinheiten in den Volkspark.