Lissabon wird abgeriegelt
RASANTE AUSBREITUNG Vor allem Portugals Hauptstadt betroffen – aber auch sonst steigen die Inzidenzen
ALISA PFLUG
LISSABON – Corona-Achterbahn in Portugal: Wegen der besorgniserregenden Zunahme der Fälle mit der Delta-Variante ist die Hauptstadt Lissabon seit Freitagnachmittag komplett abgeriegelt – und bleibt bis Montagmorgen dicht. Auch die landesweiten Inzidenzwerte steigen wieder. Dabei war das Land im Frühjahr Vorreiter – mit den niedrigsten Werten Europas. Schlittert Portugal in den nächsten Lockdown?
Mit 928 neuen Infektionen binnen 24 Stunden verzeichnete Lissabon am Donnerstag den höchsten Wert seit dem 19. Februar. Das waren rund 75 Prozent aller in Portugal registrierten Fälle (1233). Dabei wohnen in der „Area Metropolitana“Lissabons lediglich rund 27 Prozent aller 10,3 Millionen Bürger des Landes. Für zweieinhalb Tage dürfen die 2,8 Millionen Bewohner den Großraum Lissabon nur aus triftigem Grund verlassen, wie die Regierung Donnerstag mitteilte. Auswärtige werden nur in Ausnahmefällen einreisen dürfen.
Präsidentschaftsministerin Mariana Vieira da Silva sagt: „Es ist nicht leicht, solche Maßnahmen zu ergreifen, aber uns erschienen sie unerlässlich, damit die Lage, die in Lissabon derzeit herrscht, nicht auf das ganze Land übergreift.“Denn in Portugal war am ersten Mai der Ausnahmezustand zur Eindämmung der Pandemie zu Ende gegangen – nach fünfeinhalb Monaten.
Das Land hatte sich im März innerhalb kürzester
Zeit vom absoluten CoronaHotspot zu den zeitweilig niedrigsten Werten in ganz Europas gekämpft. Noch Anfang des Jahres war die Lage in Portugal dramatisch. Nirgendwo sonst infizierten sich so viele Menschen mit dem Virus – das Land lag weltweit an der Spitze. „Die Situation ist unvorstellbar“, sagte damals Gesundheitsministerin Marta Temido.
Fast alle Intensivbetten waren belegt, Ärztinnen und Ärzte, Pflegerinnen und Pfleger völlig überarbeitet, viele von ihnen selbst infiziert – das Gesundheitssystem am Anschlag. Schuld am Corona-Albtraum in Portugal war eine besonders ansteckende Mutation. Sie bildete sich aus der Variante B.1.1.7 aus und fraß sich in Rekordzeit durch das 10,3-MillionenEinwohner-Land. Die Lage war so dramatisch, dass die Regierung in Lissabon Ende Januar ein Hilfsgesuch an Deutschland stellte.
Entscheidend war der Knallhart-Lockdown, mit dem Portugal die Pandemie binnen weniger Wochen in den Griff bekam. Die Regierung verhängte einen landesweiten Lockdown. Fast alle Geschäfte mussten schließen, ebenso Schulen und Kitas. Es gab Ausgangssperren, Sport und Spaziergänge waren nur für kurze Zeitabschnitte und nur in der Nähe