Unser geiler Überflieger
In der MOPO spricht der Vater des EM-Helden.
Deutschland hat einen neuen Fußball-Liebling und swingt im Gosens-Takt. Nach dem 4:2 gegen Portugal überschlagen sich die Experten mit Lobeshymnen über den Linksverteidiger, der nun vor einer schwierigen Aufgabe steht: Er muss cool bleiben. Irgendwie.
Zur absoluten Krönung hätten nur noch ein paar Berührungen gefehlt, aber die blieben Robin Gosens verwehrt. Papa Holger, Mama Martina und Schwester Chantal warenbeisein er Gala zwar dabei, doch sie saßen einfach zu weit weg. Keine Chance auf eine Umarmung. So musste das Smartphone helfen. „Was hast Du denn da wieder gemacht?“, schrieb Holger Gosens seinem Sohn und sagte der MOPO: „Ich bin sprachlos und schwebe wie auf einer Wolke. Das ist wie ein schöner Traum, der bitte nicht aufhören soll.“
Die beeindruckenden Zahlen dieses Traumes, der real wurde: ein Gosens-Treffer, zwei Vorlagen, dazu ein nicht gegebenes Tor. Unterm Strich ein Auftritt, den Portugals Sturm-Legende
Nuno Gomes
(44) gegenüber „t-online“so zusammenfasste: „Nach diesem Spiel kennt jeder Robin Gosens‘ Namen. Selbst die Leute, die nicht so fußballinteressiert sind.“
Gosens erobert die Herzen. Der Mann, der nie in der Bundesliga spielte oder ein NachwuchsLeistungszentrum durchlief, der dann mit 18 Jahren sein Glück zunächst in den Niederlanden suchte und sich nun zum dritten Mal in Folge mit Atalanta Bergamo für die Champions League qualifizierte. Der nach schlechten Erfahrungen Beratern misstraut und sich daher von seinem Vater vertreten lässt. Mittlerweile haben ihn zahlreiche europäische TopKlubs auf dem Zettel.
Ziemlich viel für den 26-Jährigen, der hin und weg war. „Der Sieg bedeutet mir alles“, stellte er klar und bilanzierte den Abend: „Das ist nicht in Worte zu fassen, wenn man den Verlauf meiner Karriere sieht. Das ist einer der Abende, den ich niemals vergessen werde.“
Was für ein Typ, dieser Gosens. Authentisch, demütig und immer bereit, sein Herz auf dem Platz zu lassen. Die Fans in München verabschiedeten ihn mit Sprechchören.
Da wollte dann auch Joachim Löw nicht mit Lob sparen. „Wir schätzen Robin sehr“, ließ der Bundestrainer wissen. „Er ist sehr offen, mit einer guten Kommunikation. Robin hat sehr schnell bei uns einen guten Draht zu allen Spielern gehabt.“
Nun ist er dabei, sich auf der linken Seite festzubeißen. Und vielleicht ist es ja ganz gut, dass er mit Thomas Müller einen Mann an seiner Seite hat, der darauf achtet, dass das rechte Maß nicht verloren geht. Der BayernStar belegt mit Gosens, Leon Goretzka und Ersatzkeeper Kevin Trapp eine Vierer-WG im DFB-Quartier in Herzogenaurach. Auffällig, dass Müller nach dem PortugalSpiel dezente Töne Richtung Gosens anschlug. „Er hat das gemacht, was wir von ihm verlangen“, so der 31-Jährige bei „Magenta TV“. „Er hat das ordentlich gemacht. Aber auch nur 60 Minuten, dasmussmanauchmalsagen.“Dann, nach dem 4:1, ging Gosens raus, weil die Adduktoren leicht zwickten. „Besser 60 gute Minuten als 90 schlechte“, konterte er sogleich augenzwinkernd.
Am Mittwoch gegen Ungarn will er so weitermachen. Trotz aller Lobgesänge und Lockrufe größerer Klubs stellt Gosens klar: „Das schaue ich mir alles nach der EM an. Jetzt will ich soweit wie möglich mit Deutschland kommen und abliefern.“So, wie er es bishergetanhat.