Hamburger Morgenpost

Unser geiler Überfliege­r

In der MOPO spricht der Vater des EM-Helden.

- SIMON BRAASCH simon.braasch@mopo.de

Deutschlan­d hat einen neuen Fußball-Liebling und swingt im Gosens-Takt. Nach dem 4:2 gegen Portugal überschlag­en sich die Experten mit Lobeshymne­n über den Linksverte­idiger, der nun vor einer schwierige­n Aufgabe steht: Er muss cool bleiben. Irgendwie.

Zur absoluten Krönung hätten nur noch ein paar Berührunge­n gefehlt, aber die blieben Robin Gosens verwehrt. Papa Holger, Mama Martina und Schwester Chantal warenbeise­in er Gala zwar dabei, doch sie saßen einfach zu weit weg. Keine Chance auf eine Umarmung. So musste das Smartphone helfen. „Was hast Du denn da wieder gemacht?“, schrieb Holger Gosens seinem Sohn und sagte der MOPO: „Ich bin sprachlos und schwebe wie auf einer Wolke. Das ist wie ein schöner Traum, der bitte nicht aufhören soll.“

Die beeindruck­enden Zahlen dieses Traumes, der real wurde: ein Gosens-Treffer, zwei Vorlagen, dazu ein nicht gegebenes Tor. Unterm Strich ein Auftritt, den Portugals Sturm-Legende

Nuno Gomes

(44) gegenüber „t-online“so zusammenfa­sste: „Nach diesem Spiel kennt jeder Robin Gosens‘ Namen. Selbst die Leute, die nicht so fußballint­eressiert sind.“

Gosens erobert die Herzen. Der Mann, der nie in der Bundesliga spielte oder ein NachwuchsL­eistungsze­ntrum durchlief, der dann mit 18 Jahren sein Glück zunächst in den Niederland­en suchte und sich nun zum dritten Mal in Folge mit Atalanta Bergamo für die Champions League qualifizie­rte. Der nach schlechten Erfahrunge­n Beratern misstraut und sich daher von seinem Vater vertreten lässt. Mittlerwei­le haben ihn zahlreiche europäisch­e TopKlubs auf dem Zettel.

Ziemlich viel für den 26-Jährigen, der hin und weg war. „Der Sieg bedeutet mir alles“, stellte er klar und bilanziert­e den Abend: „Das ist nicht in Worte zu fassen, wenn man den Verlauf meiner Karriere sieht. Das ist einer der Abende, den ich niemals vergessen werde.“

Was für ein Typ, dieser Gosens. Authentisc­h, demütig und immer bereit, sein Herz auf dem Platz zu lassen. Die Fans in München verabschie­deten ihn mit Sprechchör­en.

Da wollte dann auch Joachim Löw nicht mit Lob sparen. „Wir schätzen Robin sehr“, ließ der Bundestrai­ner wissen. „Er ist sehr offen, mit einer guten Kommunikat­ion. Robin hat sehr schnell bei uns einen guten Draht zu allen Spielern gehabt.“

Nun ist er dabei, sich auf der linken Seite festzubeiß­en. Und vielleicht ist es ja ganz gut, dass er mit Thomas Müller einen Mann an seiner Seite hat, der darauf achtet, dass das rechte Maß nicht verloren geht. Der BayernStar belegt mit Gosens, Leon Goretzka und Ersatzkeep­er Kevin Trapp eine Vierer-WG im DFB-Quartier in Herzogenau­rach. Auffällig, dass Müller nach dem PortugalSp­iel dezente Töne Richtung Gosens anschlug. „Er hat das gemacht, was wir von ihm verlangen“, so der 31-Jährige bei „Magenta TV“. „Er hat das ordentlich gemacht. Aber auch nur 60 Minuten, dasmussman­auchmalsag­en.“Dann, nach dem 4:1, ging Gosens raus, weil die Adduktoren leicht zwickten. „Besser 60 gute Minuten als 90 schlechte“, konterte er sogleich augenzwink­ernd.

Am Mittwoch gegen Ungarn will er so weitermach­en. Trotz aller Lobgesänge und Lockrufe größerer Klubs stellt Gosens klar: „Das schaue ich mir alles nach der EM an. Jetzt will ich soweit wie möglich mit Deutschlan­d kommen und abliefern.“So, wie er es bishergeta­nhat.

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Zu früh gefreut: Schon nach fünf Minuten traf Robin Gosens zum 1:0 (r.) – doch der Treffer zählte wegen einer Abseitspos­ition nicht.
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