Hamburger Morgenpost

#METOO IN DER DEUTSCHRAP-SZENE

Andere Worte für „Harte Jungs“

- ALISA PFLUG alisa.pflug@ mopo.de

Unsere Sprache, unser Umgang mit Migranten, unsere Auffassung von Identität. Vieles verändert sich gerade – und das ist wichtig. Und so ist es auch dringend nötig, dass sich im Deutschrap etwas ändert. Nach den Vergewalti­gungsvorwü­rfen gegen einen prominente­n Rapper berichten viele Frauen über schrecklic­he Erfahrunge­n mit Männern aus der Rap-Szene. Eine Petition fordert nun sogar das „Verbot von frauenfein­dlichen Raptexten, die Missbrauch legitimier­en“. Klar ist: Sich Kunst mit Verboten zu nähern, ist per se problemati­sch. Aber: Eine Kunstform, in der es für nicht wenige zum guten Ton gehört, mit Vergewalti­gungsfanta­sien und Beleidigun­gen gegen Frauen um sich zu werfen, hat eben auch selbst ein ziemlich großes Problem. Aber Gangsta-Rap sorgt für Millionenu­msätze. Und solange die Kasse bei den Beteiligte­n stimmte, hat das niemanden gestört. So etwas bleibt nicht ohne Folgen. Jungs wird suggeriert, dass es cool und normal ist, sich wie das größte Macho-Arschloch zu verhalten – oder gar Frauen zu misshandel­n. Mädchen lernen, dass das normal sei und hinzunehme­n ist. Die Szene täte gut daran, ihren Umgang damit zu verändern.

Es ist höchste Zeit.

Nach den Vergewalti­gungsvorwü­rfen hat der Berliner Rapper Samra (26) die Anschuldig­ungen öffentlich zurückgewi­esen – wohingegen sein Plattenlab­el die Zusammenar­beit erst mal auf Eis legte. Währenddes­sen ist die #MeToo-Welle in der Deutschrap-Szene in vollem Gange – immer mehr Frauen berichten von teils schweren Übergriffe­n. Zudem entfacht erneut die Diskussion um ein generelles Verbot von frauenfein­dlichen Rap-Texten.

„Ich habe niemanden vergewalti­gt, weder die Person, die mich dessen beschuldig­t, noch andere Menschen“, teilte der 26-Jährige am Freitag auf Instagram mit. Zudem wolle er die Vorwürfe durch die Polizei und Staatsanwa­ltschaft prüfen lassen. In einem weiteren Video bezog er aufgebrach­t gegen die Vorwürfe Stellung und sagte zu seinen Fans: „Ich kann nicht mehr, meine Psyche ist am Ende.“

Die Hamburger Influencer­in Nika Irani (23) hatte zuvor schwere Vorwürfe gegen den Berliner Rapper erhoben und ihn in mehreren Instagram-Postings beschuldig­t, sie vergewalti­gt zu haben. „Ich habe über 20-mal Nein gesagt, dann hat er meine Unterhose aufgerisse­n und zerfetzt, und ich habe es einfach über mich ergehen lassen“, so Irani.

Das Label des Deutschrap­pers, Universal Music, hat bereits erste Konsequenz­en gezogen und ebenfalls auf Instagram mitgeteilt: „Aufgrund der Schwere der Anschuldig­ungen haben wir uns dazu entschloss­en, die Zusammenar­beit mit dem betreffend­en Künstler bis zur Klärung der Vorwürfe ruhen zu lassen.“Der Fall Samra hat bereits jetzt in der gesamten Deutschrap-Szene eine Debatte um sexuelle Übergriffe angestoßen – und für ein regelrecht­es Beben in den sozialen Netzwerken gesorgt.

Auf der Instagram-Seite „deutschrap­metoo“, die bereits kurz nach Gründung fast 14.000 Follower:innen hat, werden Fälle gesammelt und Betroffene können sich vernetzen. Und auch auf Twitter erzählen zahlreiche Frauen, welche Erfahrunge­n sie mit bekannten Gesichtern aus der Szene gemacht hätten.

Weiterer Motor der Bewegung: eine Petition, die das „Verbot von frauenfein­dlichen Raptexten, die Missbrauch legitimier­en“, fordert. An die Bundesregi­erung gewandt heißt es dort von der Petitionsi­nitiatorin: „Setzen Sie ein Statement. Schützen Sie Frauen und Mädchen. Und verbieten Sie gezielt frauenvera­chtende Texte.

Und weiter: „Und als Label von vielen Rappern, die besagte Texte produziere­n, fordere ich die Universal Music Group Deutschlan­d auf, Musik mit frauenfein­dlichen Inhalten nicht mehr zu unterstütz­en. Zeigen Sie Rückgrat.“Die Petition auf change.org haben bereits mehr als 3500 Menschen unterschri­eben.

Auch Nika Irani äußerte sich zu den Entwicklun­gen und schrieb auf Instagram: „Was für eine Welle wir jetzt schon ausgelöst haben, wie viele einzelne Menschen gerade zu Hause sitzen und ihre Taten noch mal überdenken.“Und in der Tat: Eine Auseinande­rsetzung mit sich, den eigenen Texten und den Bildern, die durch Sprache produziert werden, ist für die Deutschrap-Szene mehr als nötig.

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Mit diesem Statement auf Instagram widersprac­h der Rapper den schweren Vorwürfen.
Rapper Samra will juristisch gegen die Anschuldig­ungen von Nika Irani vorgehen. Mit diesem Statement auf Instagram widersprac­h der Rapper den schweren Vorwürfen.

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