Arroganz als Prinzip
ANALYSE Olaf Scholz kann Kanzler, keine Frage. Das Problem ist sein antiquierter Stil
Olaf Scholz will Bundeskanzler werden. Dass er das fachlich kann, bezweifelt niemand. Das Problem ist sein antiquierter Stil. Das zeigt – mal wieder – sein Verhalten in der WirecardAffäre. Scholz ist ein Mann der Vergangenheit.
„Never complain, never explain“(Beschwere dich nie, erkläre dich nie) – das gibt Scholz gerne in der für ihn so typischen, kauzig in sich hineinlachenden Art als sein Motto aus. Das klingt markig, zupackend und wenig zimperlich oder gar weinerlich. Und so will Scholz ja auch gesehen werden, als Macher, der nicht zurückschaut.
Das Problem: Scholz’ Motto stammt aus dem England des 19. Jahrhunderts und wird besonders gerne von der königlichen Familie genutzt. Die ist damit zuletzt nicht besonders gut gefahren. Denn: Es passt einfach nicht mehr in die Zeit. Und so ergeht es auch Scholz.
Heutzutage gilt eine ausgeprägte Fehlerkultur als Tugend. Fehler kann man machen, weil jeder sie macht. Man muss nur dazu stehen. Scheitern gilt sogar als sinnvoll, als notwendiges und möglichst lehrreiches Übel auf dem Weg zum Erfolg.
Scholz kann das nicht. Die gescheiterte Olympia-Bewerbung Hamburgs? Lag nicht an ihm oder dem Konzept, sondern an den ängstlich-unvisionären Hamburgern. Das G20-Desaster? Fehler wurden nicht gemacht, Polizeigewalt gab es nicht. Basta. Der Warburg-Skandal? Scholz kann sich an nichts erinnern, und falsch gemacht hat er natürlich sowieso nichts. Und jetzt eben Wirecard.
Im Untersuchungsausschuss im Bundestag zu dem Milliardendesaster ist deutlich geworden, dass wesentliche Fehler unter den Augen des Finanzministeriums passiert sind. Wenn es also eine politische Verantwortlichkeit gibt, dann liegt diese bei Scholz.
Scholz müsste sich also hinstellen und ehrliches Bedauern äußern. Er müsste dabei gar nicht zurücktreten, wie es die AfD fordert. Er müsste nur Verantwortung übernehmen. Aber Scholz kann das nicht.
Denn er kommt aus einer anderen Zeit, in der Fehler als Schwäche galten. Dabei versöhnt es, wenn jemand Fehler eingesteht. Es erlaubt, in einem Prozess nach Ursachen zu forschen, vor allem es beim nächsten Mal besser zu machen.
Bei Scholz dagegen hat man das Gefühl, man wird, siehe Warburg-Skandal oder G20, schlicht für dumm verkauft. Aber auch das ist kein Zufall. Scholz hält sich nun mal für oberschlau. Diese Überzeugung ist so ausgeprägt, dass er arrogant und abgehoben wirken kann – wie die königliche Familie in England. Und so ist auch sein Umgang mit Fehlern, die in einer so langen Karriere unweigerlich passieren, prinzipiell arrogant.
Am Ende ist es tragisch: Einer der talentiertesten Politiker, der das Land sicherlich auf Augenhöhe mit den Führern der Welt regieren könnte, scheitert an etwas, das man schon Kindern beibringt: im entscheidenden Moment „Entschuldigung“zu sagen.
Bei Olaf Scholz hat man das Gefühl, man wird, siehe WarburgSkandal oder G20, schlicht für dumm verkauft.