Kennen wir uns?
Hamburger CDU - Bundestagsabgeordneter spricht über Ein- und Zuwanderung und redet sich dabei um Kopf und Kragen.
Hamburg ist insbesondere auf Hochwasserlagen beziehungsweise Sturmfluten gut vorbereitet.
Frank Reschreiter
Ortsteile, die in den Abgrund gerissen werden, überflutete Straßen, weggeschwemmte Häuser: Die Bilder der Hochwasserkatastrophe im Westen Deutschlands sind erschütternd. Mindestens 166 Menschen sind bisher gestorben. Wie ist die Lage in Hamburg? Sieht sich die Stadt für derart verheerende Überschwemmungen gerüstet?
„Hamburg ist insbesondere auf Hochwasserlagen beziehungsweise Sturmfluten gut vorbereitet“, sagte der Sprecher der Innenbehörde, Frank Reschreiter, auf MOPO-Nachfrage. Maik Vorwerk, zuständiger Referatsleiter für Katastrophenschutz in der Innenbehörde, stimmte dem bei NDR 90,3 zu: Durch die langjährige Erfahrung mit Sturmfluten in Hamburg seien die Abläufe im Katastrophenfall immer wieder verbessert worden. Unter anderem seien neue Quartiere direkt von Anfang an wassersicher gebaut worden und die Warnsirenen auf dem neuesten Stand, sagte Vorwerk.
Neben den Sirenen werden im Hafen und dessen Randgebieten ab einem erwarteten Wasserstand von 3,50 Meter über Normalhöhennull Böller abgeschossen.
„Die Bevölkerung wird auch auf angebrachte Verhaltensmaßnahmen hingewiesen“, heißt es von der Stadt. Die Bezirke sind dafür verantwortlich, Menschen im Notfall unterzubringen.
Helfen soll auch die neue Starkregen-Gefahrenkarte, die Hamburg Wasser und die Umweltbehörde entwickelt haben. Diese zeigt an, an welchen Hamburger Straßen und Plätzen sich das Wasser sammelt, wenn besonders viel Regen fällt. Zu finden ist sie auf dem Geoportal Hamburg.
Zudem empfiehlt sich die Installation der Warn-App NINA vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz, die auch Meldungen aus den Warnsystemen BIWAPP und Katwarn anzeigt. Diese wird auch von der Polizei und der Feuerwehr Hamburg mit Informationen versorgt.
Was aber, wenn – wie in den betroffenen Hochwassergebieten im Westen – tagelang das Strom- und das Mobilfunknetz ausfällt? „Dann nützen die Apps natürlich nichts mehr“, so Reschreiter zur MOPO. „Wenn auch Fernseher und Radio ausfallen, werden die Bewohner:innen analog, zum Beispiel per Lautsprecherdurchsagen, informiert.“
Obwohl die Innenbehörde sich gewappnet sieht, wollen die Fraktionen von SPD und Grünen die Regenwasserund Warn-Infrastruktur in Hamburg überprüfen lassen. „Hamburg soll eine Schwammstadt werden, die bei Starkregen Wasser aufnimmt und verzögert abgeben kann“, sagt der SPDFraktionsvorsitzende der Bürgerschaft, Dirk Kienscherf. Eine Bestandsaufnahme sei nötig, die hinterfrage, wo es noch Potenzial zur Risikominimierung gebe.
Dennis Gladiator, innenpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, fordert zudem eine rechtzeitige Warnung per SMS. Des Weiteren sollen analoge Warnsysteme erweitert und ausgebaut werden. „Auch die technische Ausstattung der Rettungskräfte mit geeigneten Fahrzeugen sowie der Schutz kritischer Infrastruktur müssen auf den Prüfstand“, so Gladiator.
Verantwortlich für die Katastrophenabwehr in Hamburg ist der Staatsrat der Innenbehörde, der dann alle Abwehrmaßnahmen in der Stadt leitet und die einzelnen Stellen koordiniert: Dazu gehören unter anderem die Bezirke, Polizei, Feuerwehr und die Deichwacht.
Der Hafen unterliegt der Hamburg Port Authority (HPA) beziehungsweise dem Hafenstab (HASTA). Im Falle einer schweren Sturmflut wird der Hafen geräumt oder gesperrt.
BERLIN/POTSDAM – Nach der Flutkatastrophe diskutiert die Politik über frühere und präzisere Warnungen. Aber Hand aufs Herz: Wer erwartet wirklich eine Flut, nur weil die WarnApp sich meldet? Über Risikokompetenz und vorübergehende Kelche.
Wenn in Kriegsgebieten die Sirenen heulen, suchen Menschen Schutz in Bunkern. Wenn in Deutschland Sirenen heulen, gehen die meisten von einem Testlauf aus. Warum gehen Leute noch mal joggen, wenn Meteorologen vor Gewittern warnen? Nach dem Motto: Der Kelch wird schon an mir vorübergehen.
Aus Sicht von Ortwin Renn, Experte für Umweltund Risikosoziologie, liegt das daran, dass Deutschland bisher gut davongekommen ist bei Naturgefahren. Zwar bleiben Sachschäden, selten aber geht es um viele Menschenleben. „Wir haben eine lange Erfahrung damit, dass es glimpflich ausgeht.“
„Natur kommt eher als Park mit Enten und Schwänen daher“, sagt er. „Nicht als Naturkraft mit Gewalten.“Er vergleicht das mit der Corona-Pandemie: Anfangs hätten viele Corona unterschätzt. „Dann haben sie gemerkt: Wir sind doch verwundbar.“
Nun diskutiert die Politik, ob früher und präziser gewarnt werden kann. Sehr genau vorhersagen lassen sich örtliche Starkregenereignisse aber nicht. „Selbst mit der besten Meteorologie nicht“, betont Renn. „Eine etwas realistischere Einschätzung über Plötzlichkeit und Gewalt von Unwettern muss stärker ins Bewusstsein dringen.“
Risikokompetenz nennt Gerd Gigerenzer das. Der Direktor des Harding-Zentrums für Risikokompetenz an der Uni Potsdam hat sich unter anderem der Frage gewidmet, warum wir fürchten, von einem Hai gefressen zu werden – aber keinen Gedanken daran verschwenden, dass wir auf dem Weg zum Strand bei einem Autounfall sterben könnten.
Wichtig ist aus Sicht Gigerenzers, Risiken gut einschätzen zu können – selbst wenn nicht alle Fakten auf dem Tisch liegen. Als Erstes nennt er in seinem Buch „Risiko“ausgerechnet Wetterberichte und dass viele nicht wüssten, wie man Regenwahrscheinlichkeiten korrekt interpretiert.
Zu viel Panik ist aber auch keine Lösung. Sonst wären wir nicht handlungsfähig „vor lauter imaginierten und möglichen Katastrophen, die eintreten könnten“, sagt Psychologin Isabella Heuser. Andersrum stumpften Menschen ab und gewöhnten sich an den Alarm, wenn ständig Warnungen gegeben werden. „Zumal wir seit einem Jahr beständig vor Gefahren (Pandemie) gewarnt werden.“Sie bezeichnet das als Katastrophen-Burnout.
Also düstere Aussichten? Umweltsoziologe Renn empfiehlt Übungen, „um uns wachzuhalten“.