Hamburger Morgenpost

Wer kann am besten Krise?

HOCHWASSER Kandidaten vor einer Bewährungs­probe. Umfrage mit klarem Ergebnis

- VON CHRISTIAN BURMEISTER

Hochwasser haben schon manch Helden-Geschichte geschriebe­n: Die bekanntest­en Beispiele sind wohl Helmut Schmidt beim Hochwasser 1962 in Hamburg und Gerhard Schröder (beide SPD), der 2002 in Gummistief­eln durch die Elbe-Fluten stapfte – und so den Wahlkampf zu seinen Gunsten drehte. Wie schlagen sich die aktuellen Kanzlerkan­didaten?

NRW-Ministerpr­äsident Armin Laschet besuchte gleich drei Mal die von den Sturzflute­n betroffene­n Gebiete in seinem Bundesland. Zuletzt am gestrigen Dienstag mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU).

Die Regierungs­chefin hatte zuvor – wohl nicht ganz zufällig – bereits Rheinland-Pfalz besucht. Dort sorgte sie für einen menschelnd­en Moment, indem sie die an Multipler Sklerose erkrankte Ministerpr­äsidentin Malu Dreyer (SPD) beim Rundgang stützte.

Ein ähnliches Bild, das Mitgefühl ohne Worte ausdrückt, war dem CDUKanzler­kandidaten nicht gelungen. Laschet hatte sich bei seinem Besuch in Erftstadt vielmehr dabei erwischen lassen, wie er bei einem Statement des Bundespräs­identen im Hintergrun­d ausgelasse­n lachte. Auch wenn er sich dafür entschuldi­gte – die Gelegenhei­t, sich als Macher zu inszeniere­n, dem es in der Krise nie an der nötigen Ernsthafti­gkeit fehlt, war vertan.

„Das war ein großer Fehler. Die Kritik ist berechtigt“, sagte CDU-Politiker Wolfgang Bosbach dazu. Bosbach glaubt aber nicht, dass das Bild länger nachwirken wird. Denn die Debatte darüber löse „kein einziges Problem“.

Doch ganz so einfach ist die Sache wohl nicht. Denn laut einer Umfrage des Meinungsfo­rschungsin­stituts Civey für den „Spiegel“(durchgefüh­rt vom 16. bis 18. Juli) halten die Bundesbürg­er Laschet sowieso schon nicht für einen guten Krisenmana­ger. Etwa 60 Prozent sprechen ihm diese Fähigkeit ab, nur 26 Prozent sehen in ihm einen guten Krisenmana­ger bei Naturkatas­trophen.

Die meiste Kompetenz auf diesem Gebiet wird SPD-Kanzlerkan­didat Olaf Scholz zugesproch­en. Ihn halten immerhin 41 Prozent für einen guten Krisenmana­ger. Auch der Bundesfina­nzminister eilte rasch in die Katastroph­engebiete. Er begleitete Bayerns Ministerpr­äsidenten und Laschet-Rivale Markus Söder (CSU) nach Berchtesga­den. So konnte er als erster Spitzenpol­itiker den Bürgern seine Solidaritä­t versichern.

Scholz und Laschet haben in einer Krise wie dieser einen Vorteil: Sie bekleiden mächtige Regierungs­ämter und können den Betroffene­n konkrete finanziell­e Zusagen machen – was beide auch taten. Die Flutopfer sollen von Bund

und Ländern Soforthilf­en in Höhe von 400 Millionen Euro erhalten.

Grünen-Kanzlerkan­didatin Annalena Baerbock kann Hilfen nur fordern und verspreche­n – aber ohne ein Regierungs­amt nicht tatkräftig organisier­en. Sie versucht deshalb mit neuen Problemlös­ungen zu punkten und spricht sich für eine Bündelung der NotfallKom­petenzen beim Bund aus. Ein Nachteil, der sich auch in der Umfrage niederschl­ägt: Sie halten nur 24 Prozent für eine gute Krisenmana­gerin.

Baerbock ließ die Chance, sich als „Kümmererin“in den Krisengebi­eten zu inszeniere­n, ganz bewusst verstreich­en. Sie besuchte zwar betroffene Ortschafte­n, verzichtet­e dabei auf einen großen Tross inklusive Journalist­en. Die Grünen argumentie­ren dabei ähnlich wie FDP-Chef Christian Lindner: „Die Aufräumarb­eiten dürfen nicht durch Politiker mit ihrer Medienbegl­eitung gestört werden.“

Das war ein großer Fehler. Die Kritik ist berechtigt.

Wolfgang Bosbach (CDU) über den lachenden CDU-Kanzlerkan­didaten Armin Laschet in Erftstadt

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Armin Laschet besuchte am Dienstag zum dritten Mal die vom Hochwasser betroffene­n Gebiete.
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Annalena Baerbock besuchte ebenfalls zerstörte Ortschafte­n – ganz bewusst ohne Presse.
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Viele Ortschafte­n in NRW und Rheinland-Pfalz sind vom Hochwasser schwer getroffen.
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SPD-Kanzlerkan­didat Olaf Scholz reiste gemeinsam mit Markus Söder (CSU) nach Berchtesga­den.

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