Hamburger Morgenpost

Die Abzocke mit den möblierten Wohnungen

Ein billiger Trick nimmt Mietern wichtige Rechte – und ermöglicht horrende Preise. Warum stoppt niemand diese Masche?

- ANN-CHRISTIN BUSCH ann-christin.busch@mopo.de

Mietpreisb­remse? Interessie­rt Vermieter, die Schrank, Stuhl und Bett in ihre Wohnungen stellen, nicht. Zwar gilt auch für möblierte Angebote eine Obergrenze, aber nur auf dem Papier. Rechtlich ist es eine Grauzone. Das Problem ist seit Jahren bekannt und ebenso lange sucht der Senat nach einer Lösung – aber es tut sich nichts.

Mit ein paar Möbeln ist auch in Hamburg fast alles möglich. Eine „moderne und gemütlich eingericht­ete Wohnung“in Eppendorf mit 114 Quadratmet­ern und drei Zimmern gibt es für knapp 3500 Euro Kaltmiete pro Monat. Eine möblierte Einzimmerw­ohnung mit 40 Quadratmet­ern in Barmbek-Süd ist für 990 Euro Kaltmiete inseriert.

Das Problem: Gesetzlich ist bisher nicht geregelt, wie hoch der Zuschlag für eine möblierte Wohnung eigentlich sein darf. Außerdem muss der Vermieter nicht offenlegen, wie er den Zuschlag berechnet hat. So kommen diese horrenden Mietpreise zustande.

„Der Immobilien­markt mit möblierten Wohnungen ist seit der Einführung der Mietpreisb­remse in Hamburg im Jahre 2015 gewachsen“, sagt Siegmund Chychla vom Mietervere­in zu Hamburg. Nach einer Studie der F+B Forschung und Beratung für Wohnen, Immobilien und Umwelt GmbH gab es im ersten Quartal 2021 in Hamburg 2156 Angebote in diesem Bereich. Im Vergleich zum Vorjahr liegt das Niveau des Angebotsvo­lumens damit um vier Prozent höher.

Der Mittelwert für eine möblierte Wohnung liegt in Hamburg laut der Studie bei 22,39 Euro pro Quadratmet­er. Die meisten möblierten Wohnungen werden in Winterhude angeboten, dahinter folgen Barmbek und Eimsbüttel. Häufig sind die Wohnungen sehr zentral in der Nähe großer Firmen oder Kultureinr­ichtungen gelegen.

Das Geschäft mit diesen Wohnungen hat System. Oft suchten sich solche Vermieter gezielt bestimmte Mietergrup­pen aus, sagt Siegmund Chychla vom Mietervere­in. Meist seien es Menschen, die aus dem Ausland kommen, neu in Hamburg sind und auch nicht lange bleiben wollen. „Sie kennen sich nicht mit dem Wohnungsma­rkt in der Stadt aus und werden nicht selten so zu leichten Opfern der Habgier“, sagt Chychla.

„Viele Vermieter meinen, die Mietpreisb­remse gilt nicht für möblierte Wohnungen“, erklärt Chychla. „Das ist ein Märchen.“Auch wenn die Wohnung möbliert ist, dürfe der Vermieter bei Neuvermiet­ung die ortsüblich­en Vergleichs­miete eigentlich um allenfalls zehn Prozent überschrei­ten.

Was es für den Vermieter auch zu beachten gilt: Möbel können qualitativ sehr unterschie­dlich sein und nutzen sich ab. In einer Wohnung verlieren sie nach dem Hamburger Modell nach sieben Jahren rund 70 Prozent ihres Werts, so Chychla. Möbel für 5000 Euro wären so nach sieben Jahren nur noch 1500 Euro wert.

Das müsste sich demnach auch im Mietzuschl­ag zeigen: „Bei einer Kapitalver­zinsung von 12

Prozent müsste dann der im ersten Jahr 105 Euro betragene Zuschlag jährlich bis auf 15 Euro im achten Jahr gesenkt werden. Für eine 60 Quadratmet­er große Wohnung wäre ein Zuschlag pro Quadratmet­er von zunächst 1,75 Euro gerechtfer­tigt, der sich dann bis auf 0,25 Euro reduzieren würde.“Damit sich in Hamburg aber etwas bewegt, muss auf Bundeseben­e eine rechtliche Grundlage geschaffen werden. Die rotgrünen Regierungs­fraktionen hatten Ende 2019 einen Antrag eingebrach­t, in dem sie Regeln für die Vermietung möblierter Wohnungen fordern. Das fordert auch der Mietervere­in zu Hamburg. „Dann könnte man diesen ganzen Sumpf trockenleg­en. Momentan ist das noch eine Grauzone“, sagt Chychla.

Mietern rät Chychla, sich im Fall einer überteuert­en möblierten Wohnung an den Mietervere­in oder einen Anwalt zu wenden – und es notfalls auf eine gerichtlic­he Auseinande­rsetzung ankommen zu lassen. Die Stadtentwi­cklungsbeh­örde kennt das Problem. „Hamburg prüft deshalb derzeit eine Gesetzesin­itiative auf der für das Mietrecht maßgeblich­en Bundeseben­e“, sagt Sprecherin Susanne Enz. „Details dazu stehen zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht fest.“

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Mit ein paar Möbeln im Zimmer treiben Anbieter auch in Hamburg den Mietpreis künstlich in die Höhe.
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Mit Möbeln gegen die Mietpreisb­remse: So wird Wohnen noch teurer.
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Siegmund Chychla vom Mietervere­in kennt die Tricks der Vermieter genau.
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