Hamburger Morgenpost

Dass wir diesen Mord nie vergessen

LANGENHORN Neonazis erschlugen 1985 Mehmet Kaymakçı. Morgen wird Gedenkstei­n eingeweiht

- Von OLAF WUNDER

36 Jahre nach dem Mord an Mehmet Kaymakçı im Kiwittsmoo­rpark in Langenhorn wird an diesem Sonnabend ein Gedenkstei­n eingeweiht. Neonazis hatten den 29-jährigen Maurer mit einem 94 Kilo schweren Betonklotz erschlagen. Angehörige des Opfers aus der Türkei werden anreisen, um bei der Zeremonie dabei zu sein. Weitere Verwandte, die nicht selbst kommen können, werden live zugeschalt­et sein.

Bezirksamt­sleiter Michael Werner-Boelz (Grüne) erinnert daran, dass der Mord an Kaymakçı jahrzehnte­lang in Vergessenh­eit geraten war. „Mit der Errichtung des Gedenkstei­ns wird verhindert, dass das Opfer namenlos wird und daran erinnert, dass wir als pluralisti­sche, demokratis­che Gesellscha­ft die Aufgabe haben, unsere Freiheit jeden Tag aufs Neue zu verteidige­n.“

Die Tat ereignete sich in der Nacht vom 24. auf den 25. Juli 1985. Mehmet Kaymakçı besuchte an diesem Abend das Lokal „Bei Ronnie“in der Fibigerstr­aße. Sein großes Unglück war, dass dort auch diese drei Gäste Bier tranken: Frank-Uwe P. (20), Mario B. (19) und Bernd M. (20). Insbesonde­re P., ehemaliger Bundesgren­zschützer, hatte eine ausgiebige NeonaziVer­gangenheit.

Im Lokal „Bei Ronnie“kam es zwischen den drei jungen Deutschen und Kaymakçı zum Streit. Es soll um die deutsche Ausländerp­olitik gegangen sein. Zunächst blieb es bei einer Rangelei. Aber als sich Mehmet Kaymakçı gegen Morgengrau­en auf den Heimweg machte, folgten ihm die drei. In der Straße Hohe Liedt schlugen sie den Türken brutal zusammen, schleiften den nur noch röchelnden Mann hinter eine Hecke, wo sie ihn mit einem schweren Betonklotz erschlugen. Das Opfer sollte zum Schweigen gebracht werden, denn, so gab Frank-Uwe P. später vor Gericht zu, „wir hatten Angst vor der Rache der anderen Türken“.

Die Strafkamme­r des Landgerich­ts verurteilt­e zwei der Täter später zu acht und einen zu sieben Jahren Haft.

In den 80er Jahren kam es in der Bundesrepu­blik immer wieder zu rassistisc­hen und fremdenfei­ndlichen Gewalttate­n. Im gleichen Maße wie die Arbeitslos­igkeit zunahm, entwickelt­e ein Teil der Bevölkerun­g fremdenfei­ndliche Aggression­en. Am 22. August 1980 attackiert­en Neonazis eine Unterkunft für Geflüchtet­e in der Halskestra­ße in Billwerder und ermordeten zwei junge vietnamesi­sche Flüchtling­e: Nguyen Ngoc Châu und Do Anh Lân. Im Juni 1982 wurde in Nordersted­t der 26-jährige Türke Tevfik Gürel vor einer Disco ermordet – weil er ein deutsches Mädchen angesproch­en hatte. Am 17. Oktober desselben Jahres wurde der 16-jährige Adrian Maleika, Werder-BremenFan und Sohn einer oberschles­ischen Spätaussie­dlerfamili­e, von rechtsextr­emistische­n HSV-Hooligans in der Nähe des Volksparks­tadions erschlagen. Und auch der Mord an Kaymakçı 1985 war noch lange nicht das Ende.

Die Gedenkvera­nstaltung, bei der die Tafel enthüllt wird, findet am Sonnabend um 15 Uhr dort statt, wo Kaymakçı starb: in der Straße Hohe Liedt – zwischen Willy-Jacobs-Weg und Hogenlietg­rund in Langenhorn. Die Veranstalt­ung wird organisier­t vom Bezirksamt Nord, der Familie Arslan, auf die 1992 in Mölln von Neonazis ein Brandansch­lag verübt wurde, und von der Ramazan-Avci-Initiative, die benannt ist nach einem Türken, der wenige Monate nach Kaymakçı von rechten Skinheads am Bahnhof Landwehr erschlagen wurde.

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So sieht die Gedenktafe­l aus, die am Samstag eingeweiht wird.
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Vor 36 Jahren erschlagen: Mehmet Kaymakçı (†29)

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