Herr Ploß, wie rechts ist die Hamburger CDU?
MOPO-INTERVIEW Der Parteichef über seine konservativen Positionen
Die Hamburger CDU hat sich nach dem Wahldebakel neu aufgestellt – seitdem ist Christoph Ploß (36) das frische Gesicht der Partei. Dabei ist er erstaunlich konservativ. Warum er auf das Thema Gendern setzt und ob die CDU Probleme mit einer Abgrenzung nach (weit) rechts hat – das beantwortet er im MOPO-Interview.
MOPO: Ihr Fraktionskollege Christoph de Vries sprach gerade Deutschland ab, ein Einwanderungsland zu sein, weil es ein „genuin deutsches Volk“gebe – was halten Sie von solchen Äußerungen?
Christoph Ploß: Christoph de Vries hat sich in einer zweistündigen Veranstaltung an einer Stelle etwas unglücklich geäußert und hat das im Nachhinein klargestellt. Die konstruierten Unterstellungen von Rassismus und völkischem Denken sind aus meiner Sicht böswillig und entbehren jeder Grundlage.
Philipp Amthor machte zuletzt mit Neonazis Fotos, warum passiert so was immer in der Union? Bei der SPD oder den Grünen ist das doch nahezu undenkbar.
Ich finde auch die Vorwürfe im Fall von Philipp Amthor konstruiert. Malu Dreyer von der SPD ist auch mal mit jemandem fotografiert worden, der ein linksextremes T-Shirt trug. Man kann sich als Politiker nicht von jedem das polizeiliche Führungszeugnis zeigen lassen, der ein Foto mit einem machen möchte.
Der „Vice“-Chefredakteur Felix Dachsel twitterte: „Wer eine CDU Hamburg hat, braucht keine Werteunion.“Das ist ein Zusammenschluss innerhalb der CDU, der durch seine inhaltliche Nähe zur AfD auffällt. Stört es Sie nicht, wenn Sie damit verbunden werden?
Sie finden immer jemanden auf Twitter, der unzutreffende Behauptungen in die Welt setzt. Wir benennen als Hamburger CDU Themen, die vielen Menschen unter den Nägeln brennen. Um Beispiele zu nennen: Den Klimaschutz wollen wir mit neuen Technologien vorantreiben und damit neue Arbeitsplätze schaffen, wir wollen mehr in frühkindliche Bildung investieren und eine Migrationspolitik, die geordnet und kontrolliert stattfindet. Dafür bekommen wir aus der Bevölkerung sehr viel Zustimmung.
Man hört von Ihnen die letzten Wochen nichts zu frühkindlicher Bildung, dafür aber umso mehr zu polarisierenden Themen wie dem Gendern, Linksextremismus oder den Grünen als vermeintlicher Verbotspartei. Warum setzen Sie auf solche konservativen Hardliner-Themen in einer liberalen Metropole wie Hamburg?
Ich habe gerade in meinem neuen Buch einiges über frühkindliche Bildung geschrieben. Es ist aber so, dass wir in einer Großstadt wie Hamburg als Erste die Folgen einer fehlgeleiteten Identitätspolitik merken. Nehmen wir als Beispiel die Gendersprache. Wir wehren uns dagegen, dass SPD und Grüne in Hamburgs Schulen, Universitäten und Behörden eine künstliche Gendersprache einziehen lassen wollen. Sprache muss verständlich sein und allen Menschen kommunikative Teilhabe ermöglichen. Es muss doch eine Selbstverständlichkeit sein, dass in Hamburgs Schulen die deutsche Rechtschreibung gelernt wird. Unsere Positionen teilt ein sehr großer Teil der Bevölkerung.
In welchen Schulen wird denn nicht mehr die deutsche Rechtschreibung gelernt?
Gehen Sie nur mal auf einige Internetseiten von Hamburger Schulen. Da werden immer wieder Wörter entgegen den Rechtschreibregeln mit Gendersternchen verunstaltet. Es gilt offenbar leider nicht mehr an allen Schulen die deutsche Grammatik. Die Kinder werden so Opfer ideologischer Experimente, weil sie nicht mehr richtig Deutsch an den Schulen lernen.
Sie gelten als aufstrebender Konservativer und intellektueller Vordenker Ihres Landesverbandes. Haben Sie es überhaupt nötig, die öffentliche Debatte mit rechten Positionen zu besetzen?
Sie stehen identitätspolitisch rechts, aber fordern zum Beispiel auch Abschiebungen von Flüchtlingen in das Bürgerkriegsland Syrien.
Wir spüren sowohl bei dem Thema Gendern als auch bei unseren migrationspolitischen Ansätzen eine große Unterstützung aus der Bevölkerung. Wenn Sie sagen, das sind rechte Positionen, dann sind 60 bis 70 Prozent im Land für Sie rechts. Wir haben eine sehr breite Agenda – von Klimaschutz über Bildung bis hin zu Initiativen zur Sicherung der Arbeitsplätze. Wir sind die Repräsentanten für die Mitte der Gesellschaft.
„Die Zeit“schreibt in einem Porträt über Sie, dass Sie nicht an eine ernsthafte Bedrohung durch die Folgen der globalen Erwärmung glauben. Wie überzeugend können Sie dann überhaupt für Klimaschutz eintreten?
Das habe ich nie gesagt. Ich widerspreche in aller Deutlichkeit, dass das meine Position wäre. Wir müssen den Klimawandel sehr ernst nehmen. Ich habe schon vor vielen Jahren gesagt, dass die CDU das Thema stärker auf die Agenda setzen und zum Markenzeichen machen sollte. Seitdem ich Landesvorsitzender bin, haben wir gerade aus der Klimaschutzszene bedeutende Persönlichkeiten für die Hamburger CDU gewinnen können.
Die konstruierten Unterstellungen von Rassismus und völkischem Denken entbehren jeder Grundlage. Christoph Ploß