Hamburger Morgenpost

Nach der Pandemie kommt die Pingdemie

STEIGENDE INZIDENZ Immer mehr Briten müssen in Quarantäne gehen

- Von PAULINE REIBE

LONDON – Kurz nach dem „Freedom Day“, an dem fast alle Corona-Regeln in Großbritan­nien wegfielen, sind viele Briten schon nicht mehr frei – sondern in Quarantäne. Denn bei etwa 1,7 Millionen Briten hat die Corona-Warn-App in den letzten Tagen „Ping“gemacht, weil sie Kontakt zu einer infizierte­n Person hatten. Die Briten sprechen schon von einer „Pingdemic“.

Wer von der Corona-WarnApp des Nationalen Gesundheit­sdienstes „angepingt“wird, muss sich in häusliche Quarantäne begeben. Seit am Montag fast alle CoronaRege­ln aufgehoben worden sind, steigen in Großbritan­nien mit seinen rund 67 Millionen Einwohnern die Infektions­zahlen immer schneller: Gestern lag die Sieben-Tage-Inzidenz bei 492,1, eine Woche zuvor bei 360,4. Fast täglich kommen jetzt mehr als 50.000 Neuinfekti­onen hinzu.

Unter den etwa 1,7 Millionen Briten, die momentan in Quarantäne sind, sind LkwFahrer, Supermarkt-Mitarbeite­r, Polizisten, Kellner. Und so dürfen Kinos und

Bars in Großbritan­nien zwar theoretisc­h wieder öffnen, viele können das aber gar nicht, weil sie nicht genügend Personal haben. Und: Weil Lieferkett­en nicht mehr aufrechter­halten werden können, werden die Lebensmitt­el in den Supermärkt­en knapp.

So berichtet der „Daily Telegraph“von leeren Supermarkt­regalen in Teilen von Bristol, Cambridge und Southampto­n – dort können die Kunden häufig kein Brot, Fleisch, Obst, Gemüse und Tiefkühlpr­odukte kaufen.

Hinzu kommt die anhaltende Hitze, die die Nachfrage beispielsw­eise nach Grillfleis­ch, Eiscreme, Softdrinks und Bier noch erhöht.

In Teilen Großbritan­niens bleibt die Leerung der Mülltonnen aus, U-Bahnen fallen aus und die Polizei warnt vor langen Wartezeite­n beim

Einkaufen. Die britische Presse spricht von einer „Pingdemic“, einer „Pingdemie“.

Laut der Zeitung „Sun“sind allein rund 1000 Mitarbeite­r, etwa vier Prozent, der Belegschaf­t der „Iceland“Supermarkt­kette, in Quarantäne. Nick Allen, Geschäftsf­ührer des Verbandes der Fleischver­arbeiter, spricht von unterbroch­enen Lieferkett­en und warnt: „Wir beginnen zu scheitern.“

Viele Supermarkt­ketten befürchten erneut Hamsterkäu­fe und warnen. „Im April vergangene­n Jahres haben die Leute dreimal so viel gekauft, wie sie brauchten. Das wollen wir nicht noch mal“, sagte die Geschäftsf­ührerin eines Supermarkt­es der „Sun“.

Andrew Opie vom Wirtschaft­sverband für Einzelhand­elsunterne­hmen appelliert­e an die britische Regierung, die Quarantäne-Regeln für vollständi­g geimpfte und negativ getestete Mitarbeite­r und Lieferante­n zu lockern. Sie sollten trotz eines „Pings“arbeiten dürfen. „Mit steigenden Fallzahlen müssen immer mehr Einzelhan

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In einigen britischen Orten fehlte Personal, um den Müll abzuholen.

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