Wir hatten alles an Polizeikapazitäten und Technik, trotzdem konnte ich die Hamburger nicht so beschützen, wie ich wollte.
Er läuft am liebsten ohne Musik und würde gern länger schlafen, als der Job das zulässt – SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz (63) hat in der Gesprächsreihe „Brigitte live“einen Blick in sein Privatleben gewährt.
Die Frau, die ihn am meisten geprägt habe, sei seine Ehefrau, die brandenburgische Bildungsministerin, sagte der Vizekanzler: „Ich glaube, dass ich ein ganz anderer Mensch wäre, wenn ich nicht mit Britta Ernst verheiratet wäre.“
Seine Frau sei es auch gewesen, die ihn irgendwann sanft zum Abnehmen und damit zum Joggen gedrängt habe, erzählte Scholz. Im kleinen Park in der Nähe seiner damaligen Hamburger Wohnung habe er damals kaum zwei Runden geschafft – heute dagegen laufe er mehrmals in der Woche.
„Ich höre keine Musik, ich hab auch keine Messgeräte an mir“, er nutze auch keine
Fitness-App, sagte Scholz. „Und ich denke eigentlich auch nicht viel über irgendwelche Sachen nach.“Ihm mache das Laufen einfach Spaß und es tue ihm körperlich gut.
Schlafen könne er gut und fest – aber häufig nicht genügend. „Ich bin ein Langschläfer, aber es ist schon lange nicht mehr dazu gekommen“, erzählte der Kanzlerkandidat. „Mein Leben ist anders verlaufen als meine innere Uhr.“Seine Frau dagegen sei Frühaufsteherin – als Rentner werde er wahrscheinlich zum Frühstück kommen, wenn seine Frau zu Mittag esse.
Auf die aktuelle Diskussion zu den Corona-Pflichttests für Reiserückkehrer angesprochen, sprach sich Scholz klar dafür aus: „Vor der Einführung müssen noch rechtliche und praktische Fragen geklärt werden, an denen im Moment intensiv gearbeitet wird.“Sobald alle Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit zu einer Covid19-Impfung bekommen haben, sollen Corona-Tests kostenpflichtig werden.
An Schulen und in Betrieben solle seiner Meinung nach aber weiterhin kostenlos getestet werden. In diesem Zusammenhang befürwortete der SPD-Politiker noch einmal deutlich die Covid-19-Impfungen; Sorgen vor den Nebenwirkungen brauche man nicht zu haben: „Ich bin doppelt geimpft und auch kein Alien geworden“, so Scholz mit einem Augenzwinkern.
Nach seiner schmerzhaftesten Niederlage gefragt, nennt er die Gewalt beim G20-Gipfel 2017 in Hamburg in seiner damaligen Rolle als Hamburger Bürgermeister. „Die Gedanken an die dramatische Gewalt kommen immer wieder in mir hoch. Wir hatten alles an Polizeikapazitäten und Technik vor Ort, aber trotzdem konnte ich die Hamburger Bürgerinnen und Bürger nicht so beschützen, wie ich wollte. Das bedrückt mich bis heute.“
Auch das Thema Frauenpolitik liegt dem SPD-Spitzenpolitiker am Herzen: „Ich will, dass es gleiche Gehälter und Löhne für Männer und Frauen gibt. Frauentypische Berufe müssen gerechter bezahlt werden, außerdem der Mindestlohn auf zwölf Euro angehoben werden.“Das sind die vordringlichsten frauenpolitischen Maßnahmen, die er durchsetzen möchte, wenn er im September zum Kanzler gewählt wird.
Olaf Scholz’ Bilanz zur Zusammenarbeit mit Angela Merkel: „Sie kann unglaublich lange Dinge aussitzen, darin ist sie sehr gut. Ich möchte ausdrücklich sagen, dass ich immer gerne mit Angela Merkel zusammengearbeitet habe. Außerdem ist Frau Merkel eine sehr lustige Frau.“
Trotz der lobenden Worte zu Merkels erfolgreicher Regierungszeit ließ er keinen Zweifel daran, dass er ihr Nachfolger werden möchte. „Ich will Kanzler werden, und ich bin sehr berührt, wenn ich wahrnehme, dass viele Menschen mir das Amt auch zutrauen. Das motiviert mich.“
Auf die Tatsache angesprochen, dass er als Person in der Öffentlichkeit oft sehr nüchtern und emotionslos dargestellt wird, erwidert er: „Ich nehme das niemandem krumm, und es nervt mich auch nicht. Ich habe Emotionen, das wissen die Bürgerinnen und Bürger auch. Ich bewerbe mich schließlich als Kanzler und nicht als Zirkusdirektor.“
Olaf Scholz über G20