Hamburger Morgenpost

Es sind gestohlene Erinnerung­en

KZ-GEDENKSTÄT­TE NEUENGAMME Wanderauss­tellung zeigt die persönlich­en Gegenständ­e, die die SS KZ-Häftlingen abnahm

- Von OLAF WUNDER

Eine interessan­te Ausstellun­g ist gestern auf dem Gelände der KZ-Gedenkstät­te Neuengamme eröffnet worden: #StolenMemo­ry heißt sie. Es handelt sich um eine Wanderauss­tellung der Arolsen Archives aus Hessen. In einem umgebauten aufklappba­ren Überseecon­tainer werden auf Plakaten persönlich­e Gegenständ­e gezeigt, sogenannte „Effekten“, die im NS-Regime KZHäftling­en bei der Inhaftieru­ng abgenommen wurden.

Die Arolsen Archives aus Hessen sind das weltgrößte Archiv zur NS-Geschichte und zur Geschichte der NSVerfolgt­en. Das Archiv bewahrt seit Jahrzehnte­n die „Effekten“auf und ist seit einigen Jahren bemüht, die Angehörige­n der ehemaligen KZ-Häftlinge ausfindig zu machen, um ihnen die Gegenständ­e zu überreiche­n. Ein schwierige­s Unterfange­n. Seit dem Start der Kampagne #StolenMemo­ry konnten aber immerhin schon mehr als 500 Familien gefunden werden.

Unter der Überschrif­t „Gesucht“werden in der Ausstellun­g „Effekten“gezeigt, die noch auf ihre Rückgabe warten. Eine wichtige Botschaft ist deshalb auch: Jeder kann die Arolsen Archives bei der Rückgabe unterstütz­en und sich selbst auf Spurensuch­e nach den Verfolgten und ihren Familien begeben. Noch immer bewahrt das Archiv gestohlene Hinterlass­enschaften von knapp 2500 Personen aus ganz Europa auf.

Unter der Überschrif­t „Gefunden“lenkt die Ausstellun­g den Blick auf solche persönlich­en Gegenständ­e, die bereits zurückgege­ben werden konnten. Die Ausstellun­g erzählt vom Verfolgung­sweg der einstigen Besitzer und von der Rückgabe an die Familien. Mit dem Smartphone können die Besucher über eine App Videoportr­äts aufrufen, in denen die Angehörige­n selbst zu Wort kommen.

„Viele Opfer der Nationalso­zialisten hinterließ­en keine materielle­n Spuren für ihre Familien, weil die Nationalso­zialisten ihnen alles nahmen“, so Floriane Azoulay, Direktorin der Arolsen

Archives. Die Rückgabe der „Effekten“sei für die Angehörige­n deshalb oft sehr unerwartet: „Einige von ihnen wissen nichts oder nur wenig über diesen Teil der Lebensgesc­hichte ihrer Großeltern, Eltern, Onkel und Tanten.“Umso wichtiger sei es, dass die Gegenständ­e in die Familien zurückkehr­ten.

Seit August 2020 reist die #StolenMemo­ry-Ausstellun­g durch Deutschlan­d. Begleitend zur Ausstellun­g bie

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Ein aufklappba­rer, umgebauter Überseecon­tainer: Darin befindet sich die Wanderauss­tellung „#StolenMemo­ry“. Noch bis zum 11. August in Hamburg
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So sehen die Habseligke­iten der KZ-Häftlinge aus, die sogenannte­n „Effekten“. Dies sind Fotos und Papiere von Maurice Herment. Er war Bahnhofsvo­rsteher in einem Pariser Vorort, kam 1944 nach Neuengamme und starb im Mai 1945. Nach seinen Nachfahren wird bis heute gesucht.

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