In Kreisen, in denen ein Porsche als vulgär gilt, lässt sich mit einem teuren Rennrad immer noch angeben.
wandten Körperideals“, sagt Seeliger. Besonders Rennräder (Stilbewusste wählen die aus den 80ern von Peugeot) betonen die sportliche Ader ihrer Besitzer.
Bei den derzeit besonders im Trend liegenden Gravelbikes schwingt noch ein Hauch mehr Spontaneität mit – schließlich lässt es sich mit den leichten TrekkingRädern jederzeit vom Asphalt zum Gelände wechseln. „Wir verkaufen derzeit bis zu fünf Gravelbikes am Tag“, so Kirchhoff. Rund 4000 Euro kostet ein hochwertiges Modell, eins mit Elektromotor gleich doppelt so viel.
E-Bikes machen mittlerweile fast die Hälfte der verkauften Räder aus. Sie sind besonders für längere Strecken oder Arbeitswege beliebt, bei denen man nicht schwitzen möchte. Das Klischee eines Altherrenfahrrads habe ausgedient, so Kirchhoff. Mittlerweile stiegen sogar Motorradfahrer auf Speed-Pedelecs um.
Neben Umweltbewusstsein, Fitness und Flexibilität passen Fahrräder auch in das postmaterialistische Wertesystem der neuen akademischen Mittelschicht, erklärt der Soziologe Seeliger: In vielen westlichen Gesellschaften, in denen Wohlstand immer selbstverständlicher wird und die Grundbedürfnisse vieler Menschen gedeckt sind, ginge der Gefallen an materiellen Dingen immer mehr verloren.
Besonders betont wird das bei Leihfahrrädern: Durch die auffälligen blauen Vorderreifen des Anbieters Swapfiets etwa, der Fahrräder monatsweise vermietet, wird auch Umstehenden klar, dass hier bewusst auf Besitz verzichtet wird.
Ansonsten geben Deutsche immer mehr Geld für ihre Räder aus. Bei „Bikefactory“zahlen Kunden im Schnitt 1500 Euro für ein Fahrrad, 3500 Euro für ein E-Bike. Für E-CargoRäder im Premiumbereich werden auch schon mal 8000 Euro fällig. Kunden legen immer mehr Wert auf hohe Qualität und Design, so Kirchhoff. Handgefertigte Urban Bikes der Marke „Mika Amaro“ etwa kosten um 2000 Euro. „In den Kreisen, in denen beispielsweise ein Porsche als vulgär gilt, lässt sich mit einem teuren Rennrad immer noch angeben“, so Seeliger.
Ganz ablösen werden Fahrräder die Autos zwar nicht, glaubt der Soziologe. Doch ein Ende des Trends ist nicht in Sicht: Der E-Bike-Store von „Bikefactory“zumindest eröffnete mitten in der Pandemie – in einem ehemaligen Autohaus.
Martin Seeliger, Soziologe