Gestatten, die erste FrauenRockband der Welt!
STAR-CLUB 1964 traten „The Liverbirds“erstmals in Hamburg auf und schockten das Publikum. Eins der „Mädchen“erzählt uns ihre Geschichte
Wenn die Zeit nicht so patriarchalisch geprägt gewesen wäre, und wenn sich die vier jungen Frauen nicht in ihre Rollen als Gattin und Mutter gefügt hätten, dann, ja, dann würden die „Liverbirds“in einem Atemzug genannt mit den Beatles, mit Jimi Hendrix, den Rolling Stones und den Kinks. Aber „hätte“, „wenn“und „wäre“gelten nun mal nicht. Und so ist die erste weibliche Rockband der Musikgeschichte längst in der Versenkung verschwunden.
Das dachten wir jedenfalls. Aber es scheint, als würden die „Liverbirds“spät, sehr spät, doch noch zu Ruhm und Anerkennung kommen. In Liverpool gab es – bis Corona ausbrach – ein sehr erfolgreiches Musical, das die Geschichte der vier jungen Frauen erzählt: „Girls
Don’t Play Guitars“heißt es. Und nun will sogar Hollywood den Stoff verfilmen. Eigentlich ein Wunder, dass das nicht längst geschehen ist. Denn ganz ehrlich: Kein Drehbuchautor hätte sich diesen Plot besser ausdenken können. Eine geradezu märchenhaft anmutende Story: Es war einmal in Hamburg, im berühmten „Star-Club“…
Es ist der Abend des 28. Mai 1964, als „The Liverbirds“dort zum ersten Mal auftreten. Schon seit Wochen wirbt der Schuppen damit, dass sie kommen. Und als es endlich so weit ist, steht das musikbegeisterte Volk – und damals ist irgendwie jeder musikbegeistert; wieso eigentlich? – Schlange bis runter zur Reeperbahn. Alle wollen sich mit eigenen Augen davon überzeugen, dass es wirklich stimmt: Mädchen, die Musik machen! Und manche Männer fragen sich: Ja, geht das überhaupt?
Um es vorwegzunehmen: Es wird der absolute Knaller! Eigentlich haben die vier einen Vertrag für sechs Wochen. Sechs Jahre werden daraus.
Mehr als ein halbes Jahrhundert später. Eine kleine, freundliche Frau empfängt den MOPO-Reporter in ihrem Haus in Harvestehude zum Interview. Als Erstes bietet sie ihrem Gast das „Du“an, fragt als Nächstes, was er gerne trinken möchte: „Tee? Kaffee? Wasser?“Und dann – ganz wichtig – sorgt Mary Dostal dafür, dass der Zeitungsmann den Namen ihrer Band richtig auszusprechen lernt. Nein, nicht „Liverbirds“wie Liverpool. „Leiwerbörds“– so ist es richtig.
Woher dieser Name kommt? Mary Dostal fordert den Reporter auf, ihr zu folgen, und führt ihn zu einer Fototapete im Hausflur, auf der das Wahrzeichen der Stadt Liverpool zu sehen ist: das „Royal Liver (gesprochen: Leiwer) Building“. „Da oben“– sie zeigt