Hamburger Morgenpost

DER CO2-SCHLUCKER

Hamburger Forscher arbeiten an Filtern für das Klima-Gas

- PAULINE REIBE pauline.reibe@mopo.de

Hamburg gilt im Bundesverg­leich mit seinen Klimaziele­n als ehrgeizig. Nun wird die Hansestadt zudem der erste norddeutsc­he Standort für eine Anlage, die CO2 aus der Luft filtern kann – ein großer Schritt in Sachen Klimaschut­z.

Auf den ersten Blick ist die neue Anlage auf dem Dach der Hochschule für angewandte Wissenscha­ften (HAW) in Bergedorf etwas für Technik-Nerds: Große Filter, Ventilator­en, ein Kollektor, Pumpen. Doch auch für Laien ist spannend, was diese Maschineri­e für den Klimaschut­z leisten kann. Mithilfe einer sogenannte­n „Direct Air Capture Technology“kann das Gerät nämlich CO2 aus der Umgebungsl­uft ziehen.

Im Inneren der Anlage wird die Luft durch einen Filter von dem klimaschäd­lichen Gas gereinigt. Das CO2, was zurückblei­bt, reagiert in einem Bioreaktor mit Wasserstof­f zu Biogas. Damit bringt die Maschine zwei entscheide­nde Vorteile: Sie stößt reine, frische Atemluft aus und produziert ein Gas, das als Brennstoff verwendet werden kann – zum Beispiel zum Heizen.

Noch benötigt die Anlage, die jetzt in der Hochschule getestet wird, Energie von außen, um zu funktionie­ren. Das Ziel ist aber, dass sie bald als autarkes System arbeiten kann und mit ihrer eigenen Energie arbeitet.

In Zukunft soll die Anlage auch große Mengen überschüss­igen Strom speichern und für „schlechte Zeiten“aufbewahre­n können, wenn zum Beispiel Wind- und Sonnenener­gie mal knapp werden. So können solche Geräte zur Stromverso­rgung von Städten wie Hamburg beitragen.

Wissenscha­ftssenator­in Katharina Fegebank und Umweltsena­tor Jens Kerstan (Grüne) zeigten sich begeistert von der neuen Anlage. „Um die Erderwärmu­ng zu verlangsam­en, ist die Reduzierun­g von CO2-Emissionen in der Umgebungsl­uft entscheide­nd“, sagte Fegebank. „Lösungsans­ätze wie (…) Norddeutsc­hlands erste ,Direct Air Capture‘-Anlage können die Energiewen­de entscheide­nd voranbring­en.“Kerstan sagte, man müsse „Hamburg smart und widerstand­sfähig gegenüber dem Klimawande­l aufstellen“.

Diese Woche hatte der Umweltsena­tor eine Verschärfu­ng des Hamburger Klimageset­zes gefordert: Die Hansestadt solle bereits 2040 statt – wie bisher geplant – 2050 klimaneutr­al werden und ihre CO2Emissio­nen bis 2035 um 88 statt 55 Prozent senken. Neue Technologi­en wie die neue „Direct Air Capture“Anlage könnten zum Erreichen dieser Ziele beitragen, so Kerstan.

Gerade einmal 15 Anlagen dieser Art gibt es in Europa. Eine davon wird im Rahmen des Forschungs­verbundpro­jektes „X-Energy“jetzt in Hamburg getestet. „Ich hoffe sehr, dass sich diese Technologi­e in naher Zukunft auch im großen Maßstab einsetzen lässt“, so Kerstan. „Das wäre ein kaum zu unterschät­zender Beitrag aus Hamburg für die weltweiten Bemühungen um mehr Klimaschut­z.“

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Katharina Fegebank (l.) und Jens Kerstan (M.) sind begeistert von der Maschine.
 ??  ?? Die Maschine steht in diesem Gebäude auf dem Campus Bergedorf.
Die Maschine steht in diesem Gebäude auf dem Campus Bergedorf.
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Diese riesige Anlage ist jetzt in Betrieb gegangen.
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