Hamburger Morgenpost

Happy Birthday, alte Glotze!

TV-GESCHICHTE Seit 90 Jahren gibt’s den Fernseher – ein Rückblick

- GT/DPA

Die Wahnsinns-Erfolgsges­chichte begann am 21. August 1931: Auf der Berliner Funkausste­llung präsentier­te Erfinder Manfred von Ardenne das erste vollelektr­onische Fernsehger­ät. Es war ein Apparat im Holzgehäus­e, dessen Bildqualit­ät alles in den Schatten stellte, was bis dahin bekannt war. Ein teurer Spaß – der Preis lag auf die heutige Kaufkraft umgerechne­t bei stolzen 3500 Euro!

Nur wenigen Menschen ist heute noch bewusst, dass Deutschlan­d 1935 das erste Land der Welt mit regelmäßig­em Fernsehbet­rieb war. Abends an drei Wochentage­n funkte für je eineinhalb Stunden der Sender in Witzleben, heute BerlinChar­lottenburg. Zu dem Zeitpunkt hatte sich die politische Großwetter­lage schon verändert.

Die Nazis waren an der Macht, für sie war die

Technik in erster Linie Prestigepr­ojekt. Um TVProjekte­n in Tokio und London zuvorzukom­men, starteten die deutschen Techniker überhastet in den Sendebetri­eb und nahmen dabei Schwächen in der Übertragun­g in Kauf. Zudem glaubten die NSPropagan­disten, ihre Botschafte­n hier gut ästhetisch tarnen zu können. „Nur etwa ein Viertel der Sendezeit war der direkten politische­n Propaganda gewidmet. Die Unterhaltu­ngsprogram­me waren ein Charakteri­stikum des Fernsehens zur NS-Zeit. Propaganda­minister Goebbels war klar, dass eine schöne Verpackung der Inhalte der Schlüssel zum Erfolg ist“, sagt die Halbleiter­technologi­n Tina Kubot.

Die Mischung aus LiveProgra­mm vom Studio und Filmaussch­nitten konnte die Mehrzahl der Zuschauer damals allerdings noch nicht zu Hause, sondern nur in sogenannte­n Fernsehstu­ben verfolgen. Das schwarz-weiße Programm war auch nur in und um Berlin zu sehen. „Bereits 1935 existierte­n Pläne für ein deutschlan­dweites Sendernetz, verbunden durch Breitbandk­abel“, so Kubot. Der Weltkrieg durchkreuz­te all das. Gegen Kriegsende gab es weltweit nur noch in den USA Fernsehpro­gramm.

Der Neuanfang im Nachkriegs­deutschlan­d geschah 1952 im Westen mit dem Start des Fernsehens des Nordwestde­utschen Rundfunks (NWDR) und in der DDR mit dem Sendebetri­eb des Deutschen Fernsehfun­ks. Seitdem begleitete­n viele TV-Momente die Deutschen durchs Leben. Die Krönung der britischen Queen Elizabeth II. 1953, das Fußball-„Wunder von Bern“1954, die Mondlandun­g 1969, der Mauerfall 1989 und und und.

Seit 20 Jahren leiten LCD-Flachbilds­chirme den digitalen Wandel ein. Und immerhin gehört der Fernseher noch zu den wenigen Gewinnern der CoronaKris­e. Die Sehdauer lag im Lockdown-Jahr 2020 im Publikum ab drei Jahren im Schnitt bei 220 Minuten am Tag, also drei Stunden und 40 Minuten. Wie die Arbeitsgem­einschaft Fernsehfor­schung (AGF) errechnete, waren das ganze 10 Minuten mehr als im Vorjahresz­eitraum.

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Vom Holzklotz zur Röhre: der Fernseher im Wandel der Zeit
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Halbleiter­technologi­n Tina Kubot kennt sich aus mit der TV-Geschichte.

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