„Wir müssen Branchen eine Perspektive geben“
Der Finanzsenator über Rituale, Kinder-Zaziki und die 2G-Option
Im Podcast „Wie ist die Lage?“spüren wir seit über einem Jahr tagesaktuellen Fragen nach. Dafür spricht Gute-Leude-Chef Lars Meier fast jeden Tag mit einer interessanten Hamburger Persönlichkeit: Macher:innen, Musiker:innen, Models und Politiker:innen, genauso wie Sportler:innen, Freiberufler:innen und Helfer:innen – sie alle kommen eine Viertelstunde im Podcast zu Wort. Wir möchten von ihnen wissen, wie Hamburg denkt und was die Menschen in der Hansestadt bewegt. Heute macht dies Asklepios möglich. Die Gespräche finden über das Telefon statt. In der Jubiläumsfolge 300 spricht PR-Profi Lars Meier mit Finanzsenator Andreas Dressel (SPD).
Lars Meier: Herr Dressel, das hier ist die 300. Folge von „Wie ist die Lage?“. Wann haben Sie zum letzten Mal etwas zum 300. Mal gemacht? Haben Sie ein Tagesritual? Andreas Dressel:
Ein Tagesritual habe ich nicht, aber wo ich bestimmt auf 300 Mal komme, das ist der Besuch des Volksdorfer Wochenmarktes, den ich allen ans Herz legen kann. Das ist sozusagen mein Samstagmorgen-Ritual. Wenn alle noch schlafen, gehe ich zum Wochenmarkt und kaufe frische Sachen ein.
Haben Sie dann SPD-Fähnchen dabei? Es ist ja gerade Wahlkampf.
Auf dem Wochenmarkt versuche ich etwas zurückhaltend zu sein. Es kennen mich dort ja auch einige Menschen und wissen, dass da der SPD-Finanzsenator vorbeikommt. Es ist aber auch ganz schön, nicht ständig an Politik zu denken, sondern zu den Marktbeschickern zu gehen. Ich glaube, dass die in der Pandemie auch viele neue Kunden bekommen haben. Frische Produkte aus der Region unter freiem Himmel: Ich glaube auch, dass das die Nachhaltigkeit stark voranbringt. Gibt es einen festen Stand, den Sie immer wieder besuchen, auch wenn Sie eigentlich nichts brauchen? Mehrere! Ich gehe traditionell zu einem ganz tollen Fleischer, wo man die Herkunft der Produkte kennt und die Qualität gut ist. Ich gehe zum Käsemann, der eine geniale französische Käseauswahl hat. Es gibt auch einen super Fischhändler. Und nicht zu vergessen, die türkischen Cremes wie KinderZaziki. Das ist bei uns zu Hause heiß begehrt.
Was ist Kinder-Zaziki?
Da ist mehr Sahne beigemischt, sodass es noch cremiger und nicht ganz so scharf ist. Außerdem freue ich mich, das ist auch ein Ritual, wenn ich meiner Frau einen schönen Blumenstrauß vom Markt mitbringen kann. Nach einer halben bis Dreiviertelstunde geht es dann schwer bepackt mit dem Fahrrad wieder nach Hause.
Sie haben gerade beim Richtfest von Eugen Blocks Wohnungsbauprojekt eine Rede gehalten. Gehört das auch zu den Lieblingsbeschäftigungen?
Ich glaube, es ist ganz wichtig, mal aus dem Büro, in diesem Fall aus dem Home Office, herauszukommen. Ich hatte an dem Tag nämlich nur Videokonferenzen. Unter Leute zu kommen, zu werben und Zuversicht zu verbreiten, dass die Konjunktur in Hamburg wieder Fahrt aufnimmt und die Baukräne sich drehen und wir investieren, ist natürlich etwas, das auch zu den Aufgaben eines Finanzsenators gehört.
Lassen Sie Reden für so eine Gelegenheit schreiben oder überlegen Sie sich die Worte auf dem Weg dorthin?
Beim angesprochenen Richtfest war mir wichtig, noch mal deutlich zu machen, dass es für die Block-Gruppe natürlich ein sehr schweres Jahr war. Die Gastronomie war stark betroffen. Daher war es wichtig, Respekt und Anerkennung gegenüber den Mitarbeitern zu zeigen, die ein sehr schweres Jahr hinter sich haben. Und natürlich dafür, dass die BlockGruppe an ihrem angestammten Firmensitz in zentraler Lage einen Beitrag dazu leisten will, dass man in Hamburg bezahlbaren Wohnraum bekommt. Das waren die Themen, die mir wichtig waren.
Wie sehen Sie die Diskussion um 2G und 3G? Wie ist das umzusetzen?
Ich glaube, dass wir da jetzt einen Schritt nach vorne gehen und die 2G-Option anbieten. Es geht nicht darum, es vorzuschreiben, sondern vor allem den Unternehmen aus der Gastronomie oder der Eventbranche anzubieten, auf die 2G-Variante umzustellen. Dann haben sie Erleichterungen bei Abständen, Teilnehmerzahlen und so weiter. Bedingung ist aber, dass nur Geimpfte und Genesene reinkönnen. Ich finde, dass das tatsächlich wieder ein Schritt in die Normalität ist. Es kann zusätzlich auch ein Impfanreiz sein. Vor allem aber geht es darum, dass es den besonders hart betroffenen Unternehmen im Herbst auch wieder eine neue Perspektive eröffnet und die Perspektive eben nicht ist, dass der nächste Lockdown bevorsteht. Das will keiner und ist für Geimpfte und Genesene auch gar nicht rechtlich machbar. Da müssen wir jetzt einfach Kurs halten.
Wie sehr spielt dabei die anstehende Bundestagswahl eine Rolle, wo eigentlich keine Partei für einen kompletten Lockdown zu haben ist?
Irgendwie spielt das natürlich ein bisschen mit. Das kann man nicht wegzaubern. Aber ich glaube, dass völlig klar ist, dass die Corona-Bekämpfung jetzt gut weiterlaufen muss. Wir müssen mit den Impfquoten nach oben und auch gucken, dass wir nicht diverse Branchen unendlich alimentieren, sondern Perspektiven für das richtige Geldverdienen geben. Es ist gut, dass die Hilfen jetzt verlängert werden, dafür haben wir uns ja auch sehr eingesetzt. Aber natürlich wollen jetzt auch alle wieder ganz normal ihren Geschäften nachgehen können. Das ist wichtig und in diesem Spannungsfeld bewegt sich das jetzt. Und wir können einfach nur sagen, dass diejenigen, die sich noch nicht haben impfen lassen, das jetzt dringend nachholen müssen. Man schützt nicht nur sich, sondern auch andere.