Die GroKo fürs legale Kiffen
DAS GAB’S NOCH NIE! CSU-Drogenbeauftragte will Cannabis-Konsumenten vor Strafrecht schützen. Auch erster CDU-Abgeordneter plädiert für Kurswechsel.
BERLIN – „Gebt das Hanf frei!“Was einst der UrGrüne Hans-Christian Ströbele forderte, könnte nun Wirklichkeit werden. Erstaunlich: Der Vorschlag, bundesweit den Besitz von sechs Gramm Cannabis straffrei zu machen, kam aus einer ganz anderen Ecke: von der Bundes-Drogenbeauftragten Daniela Ludwig. Parteimitglied bei der CSU. Eine waschechte Konservative Revolution in Sachen Kiffen!
Manche trinken ihr Feierabendbier oder ein Glas Wein, andere rauchen ein Pfeifchen oder einen Joint. Letzteres ist illegal, wird aber unterschiedlich streng verfolgt. Die Bundesdrogenbeauftragte Daniela Ludwig hat sich nun erneut dafür ausgesprochen, zumindest den Besitz kleiner Mengen Cannabis einheitlich in Deutschland nicht mehr strafrechtlich zu verfolgen, sondern als Ordnungswidrigkeit einzustufen. Das hieße: nur noch Bußgelder, aber keine Freiheitsstrafen mehr.
„Vertretbar wäre (...) eine Grenze von sechs Gramm – und zwar bundesweit“, sagte die CSU-Politikerin dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“(RND). Ein solcher Grenzwert müsse „mit Bedacht festgelegt werden, denn er hat eine gewisse Signalwirkung und einen Einfluss auf das Konsumverhalten“.
In den meisten Bundesländern wird schon jetzt beim Besitz von bis zu sechs Gramm Cannabis auf eine Strafverfolgung verzichtet. In einigen Ländern gelten sogar höhere Obergrenzen. In
Berlin etwa 15 Gramm. Rechtlich handelt es sich aber um eine Straftat. Grundlage ist das Betäubungsmittelgesetz. Bis zu fünf Jahre Haft können theoretisch drohen für Cannabis-Besitz.
Ludwig empfahl der CDU/CSU, nach der Bundestagswahl mit möglichen Koalitionspartnern einen Kompromiss zu suchen. Cannabis sei nicht so gefährlich wie Kokain oder Heroin. Es müsse dabei auch „um eine Entlastung von Polizei und Justiz gehen“. Als erster stimmte der CDUKollege Thomas Heilmann zu. Er könne sich eine „staatlich regulierte Abgabe“durchaus vorstellen. Am weitesten gehen Grüne, FDP und Linke. Alle drei sind für eine Legalisierung, auch und gerade um Ressourcen bei der Polizei
einzusparen. Die Grünen kritisierten Ludwigs Vorstoß als unzureichend, sie wollen eine komplette Legalisierung. Sie und die FDP plädieren für einen „Verkauf in lizensierten Fachgeschäften“. Die Freien Demokraten sehen dadurch mögliche Steuereinnahmen von bis zu einer Milliarde Euro.
Die Linke spricht sich für eine „nicht kommerzielle Bezugsmöglichkeit“aus. Etwa in „Cannabis Social Clubs“– Vereinen, die Cannabis für den Eigenbedarf ihrer Mitglieder anbauen, so der drogenpolitische Sprecher der Linken, Niema Movassat. Auch er nannte den Ludwig-Vorstoß „Pseudoverbesserung“.
Auch bei der SPD heißt es: „Verbote und Kriminalisierung haben den Konsum nicht gesenkt, sie (...) binden enorme Ressourcen bei Justiz und Polizei.“Die Sozialdemokraten sind bei dem Thema aber trotzdem vorsichtig und wollen zunächst einmal eine „regulierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene in Modellprojekten von Ländern und Kommunen erproben lassen“, begleitet von Beratungsangeboten.
Die Union ist gegen eine Freigabe von Haschisch und Marihuana: „Eine Legalisierung illegaler Drogen lehnen wir ab“, steht im Wahlprogramm. Wer legalisiere, entziehe sich seiner Verantwortung und lasse Betroffene und Angehörige mit den Problemen allein. Auch die AfD ist gegen die Legalisierung.