Die Welle der Ungeimpften — und neue Freiheiten
AUSWEG Bürgermeister stellt Konzept vor. Intensivmediziner warnt vor „Flucht aus Pflegeberufen“
Für Ungeimpfte wird es ungemütlich: Hamburg plant als erstes Bundesland die Einführung der „2G-Regelung“. Heute wird der Senat voraussichtlich verkünden, dass es Veranstaltern zukünftig freisteht, nur Ge
impfte und Genesene hereinzulassen. Ungeimpfte dürfen ausgeschlossen werden, selbst wenn sie einen negativen Test vorweisen können. Gleichzeitig warnt der oberste Intensivmediziner am UKE vor einer „Welle der Umgeimpften“in den Krankenhäusern.
„Es sind zum Teil sozial Schwache, es sind Menschen mit Migrationshintergrund, es sind aber auch Akademiker dabei“, so Stefan Kluge, Direktor der Klinik für Intensivmedizin am UKE, über die Covid-19-Patienten auf der Intensivstation. Er warnt: „Wir werden eine Welle der Ungeimpften erleben in den kommenden Wochen und Monaten.“Derzeit müssen 34 Covid-Patienten auf Hamburger Intensivstationen behandelt werden, alle sind ungeimpft. Das deckt sich mit den bundesweiten Zahlen, nach denen mehr als 94 Prozent aller schwer kranken CovidPatienten ungeimpft sind, wie das RobertKoch-Institut mitteilt. Derzeit werden bundesweit rund 775 Patienten auf Intensivstationen behandelt (Stand 23. August) und es werden wieder täglich mehr. Deshalb, so Kluge, sei es entscheidend, dass mobile Impfteams auch die „Impfzauderer und Impfzögerer“erreichten. Diese Gruppe werde auf zehn bis 20 Prozent der Bundesbürger geschätzt. Hamburgs BürgermeisPeter Tschentscher ter (SPD) hatte die 2G-Regelung bei der letzten Ministerpräsidentenkonferenz für ganz Deutschland vorgeschlagen, war dort jedoch gescheitert und will nun alleine vorangehen – trotz der höchsten Inzidenz aller Bundesländer. Die Folge: Wenn in Hamburgs Restaurants und Theatern, auf Konzerten und in Kinos tatsächlich nur Geimpfte und Genesene zusammenkommen, dann könnten die Abstandsregeln fallen, es könnten mehr Gäste zugelassen werden, die sich ohne Maske vergnügen dürfen. Die Besucher könnten sich auch wieder selbst ihre Plätze wählen. Es ist zu erwarVeranstalter ten, dass viele die Möglichkeit wahrnehmen und ihre Häuser wieder voll auslasten.
Auch Hamburgs Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne), die am Montag das UKE besuchte, ist dafür, dass Geimpfte un Genesene mehr Rechte Freiheiten bekommen len: „Ich denke, dass die Regelung 2G für uns in Hamburg der richtige Weg ist.“Fegebank begrüßt darüber hinaus die Entscheidung von Bund und Ländern, dass Nicht-Geimpfte ihre Tests bald selbst bezahlen müssen.
Und was ist mit dem von Gegnern häufig vorgebrachten Argument, dass auch Geimpfte erkranken können? Tatsächlich kommt es auch in Hamburg zu sogenannten „Impfdurchbrüchen“, bisher 319 Mal (Stand 3. August). Bei mehr als 911.000 do Geimpften entspricht der letzten Zählun Quote von 0,03 zent. Dass sich sonen nach e vollständigen I fung infizie ist also bis extrem sel Österreic die Inzide zwische impften und Ungeimpften verglichen. Ergebnis: Unter ungeimpften Erwachsenen liegt der Wert aktuell bei 192, bei Geimpften bei 34.
Was bedeutet die erneut anschwellende Welle von Covid-Patienten in den Krankenhäusern für die Belegschaft? UKE-Professor Stefan Kluge: „Das macht uns natürlich große Sorge, und wir sehen vor allem auch die große Belastung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.“Gerade die Pflegekräfte seien ausgelaugt. „Wir erleben in Deutschland geradezu eine Flucht aus den Pflegeberufen. Das ist ein Alarmzeichen“, sagte der Intensivmediziner.
Dass sich angesichts dramatischer Appelle und Impfangebote „an jeder Ecke“tatsächlich alle Erwachsenen impfen lassen, ist allerdings unrealistisch, so der Präsident der Bundesärztekammer: „Wir müssen in einer freien Gesellschaft damit leben, dass sich ein gewisser Prozentsatz der Bürgerinnen und Bürger freiwillig gegen eine Impfung entscheidet“, sagt Klaus Reinhardt in der
rgenpost“.
Wir erleben in Deutschland geradezu eine Flucht aus den Pflegeberufen. Das ist ein Alarmzeichen. Stefan Kluge, UKE